Stress im Jurastudium – Ursachen und Bewältigung

Stress im Studium: Wie man als Student den Stress herunterfahren kann, Methoden, Tipps und Ideen für ein erfolgreiches und stressfreies Studium.

Datum
Rechtsgebiet Examen
Ø Lesezeit 10 Minuten
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Stress ist im Alltag allgegenwärtig. Ein Studium verlangt den Studenten jedoch in aller Regel eine Menge ab, und das gilt doppelt und dreifach für das Jurastudium. Der Stoff ist wenig eingängig und sehr abstrakt, man muss sich spezielle Denkmethoden aneignen und die Bedingungen der Ausbildung sind oftmals unterirdisch. So ist es kein Wunder, dass viele angehende Juristen sich mit dem Studium und vor allem den Examina sehr schwer tun oder gar mit psychischen Problemen und Erkrankungen zu kämpfen haben, deren Ursache in vielen Fällen Stress ist.

Ursachen für Stress

Stress hat viele Ursachen, die in äußeren Einflüssen und inneren Befindlichkeiten und Vorgängen begründet liegen und einander oft gegenseitig bedingen. Einige liegen auf der Hand, andere dagegen lassen sich schwerer durchschauen. Ein paar der gängigsten Ursachen sind:

Überlastung

Viele Studenten muten sich zu viel zu und beginnen dann unter Überlastungssymptomen zu leiden, die Ursachen dafür sind jedoch mannigfaltig. Wer die ganze Zeit zu viel arbeitet, dürfte wenig Schwierigkeiten haben, die Ursache für seine Probleme zu ermitteln. Oft ist die Problematik jedoch komplexer: Studenten, die nach dem Ende der schulischen Ausbildung auf sich allein gestellt sind, tendieren dazu, ihre neue Freiheit zu genießen. Das führt jedoch häufig dazu, dass die Arbeit liegenbleibt oder auf „später“ verschoben wird, und wenn die ersten Klausuren drohen, sieht sich der Kandidat mit einem mal mit einem Berg konfrontiert, den es im Eilverfahren abzutragen gilt – oder er verlässt sich einfach auf sein Glück. So oder so steigt der Leistungsdruck plötzlich ins Unermessliche, und wenn sich dieser Vorgang oft genug wiederholt und/oder Erfolgserlebnisse ausbleiben (was im Jurastudium recht wahrscheinlich ist), lahmt auch bald die Motivation, wodurch der Druck nur noch schwerer lastet.

Frustration und Motivationsmangel

Das Jurastudium ist für die meisten Anfänger (und nicht nur für sie) aufgrund seines hohen Abstraktionsgrades und der wenig eingängigen Thematik schwer durchschaubar. Das führt dazu, dass sich Erfolge in den Klausuren und Aha-Erlebnisse in der Ausbildung oftmals (zu) selten oder spät einstellen. Hinzu kommt, dass der Studiengang in vieler Hinsicht hoffnungslos überaltert ist und die Mengen an Studien- und Referenzmaterial wie Lehrbücher, Aufsätze und Urteile sich mit der Zeit vervielfacht haben und dass die Vorlesungen meist bei weitem nicht alles enthalten, was man zum Bestehen der Klausuren benötigen würde. Da die Rechtswissenschaften in verstärktem Maße auch einen Menschenschlag anziehen, der ein starkes Konkurrenzdenken und unterdurchschnittliche Kooperationswilligkeit an den Tag legt, ist es nicht leicht, Gleichgesinnte zu finden, mit denen man sich austauschen und mit denen man lernen kann. Zu guter Letzt ist zu bemerken, dass die Strukturen der Ausbildung zum Teil darauf ausgelegt sind, den Kandidaten als Teil eines brutalen Ausleseprozesses mit seinen Problemen alleinzulassen, um furchtlose Individuen mit ausgeprägter Eigeninitiative und Entscheidungsstärke zu fördern und den Charakter der Staatsexamina als gefürchtetes und berüchtigtes Eingangstor zu einer Elite aufrechtzuerhalten.

Fehlende Bestätigung

Ein häufiger Faktor ist auch das Ausbleiben von Erfolgserlebnissen und Bestätigung. Nicht nur ist das Studium von vornherein sehr schwierig und wenig eingängig, nein, auch die Benotungen sind verglichen mit anderen Studiengängen extrem anspruchsvoll und die Kriterien meist nur schwer durchschaubar. Ohne zu wissen, was sie eigentlich falsch machen, fehlt den Kandidaten oft die Möglichkeit, diese Mängel abzustellen.

Prüfungsangst

Die Prüfungsangst ist im Studium der Rechtswissenschaften nicht nur ein lästiges Ärgernis, sondern zumindest auch ein gezielt implementierter Auslesemechanismus. Anders ist kaum zu erklären, warum Generationen von Juristen sich mit den immer wieder gleichen schwerwiegenden Problemen dieses Studienganges abmühen müssen: miserable Ausbildungsbedingungen, undurchsichtige und übertrieben strenge Benotungen, immenser Leistungsdruck, Konzentration der alles entscheidenden Benotungen in einer lächerlich kurzen Zeitspanne – all das dient auch dem Zweck, Furcht zu schüren und die Schwachen auszusieben. Dass viele diesem Druck nicht standhalten und scheitern, ist die juristische Variante des darwinschen Grundsatzes Survival of the fittest, ohne Rücksicht auf Verluste.

Teufelskreise

Bei den meisten Studenten wird der eine oder andere Stressfaktor irgendwann zum Problem, doch das ist ganz normal. Schwierig wird es dagegen, wenn mehrere gleichzeitig auftreten und womöglich einen Teufelskreis bilden, aus dem man nicht mehr so leicht herauskommt.

Eine gängige Kombination sieht folgendermaßen aus: Ungenügende Arbeits- oder Vorbereitungsleistung, mangelnde Durchschaubarkeit der Benotung, schlichtes Pech oder eine Kombination daraus führen zu schlechten Noten, ohne dass der Student weiß, was er eigentlich falsch macht. Natürlich wird er noch mehr Arbeit hineinstecken, was zu Überlastung führen kann, da dafür (oft auch als Teil einer Selbstbestrafung) Freizeit und Schlaf wegfallen. Ohne Kenntnis der Ursachen der schlechten Noten bleiben sie oft schlecht, sodass noch mehr Arbeit investiert wird und die Überlastung wächst – ohne greifbare Verbesserung des Zustandes. Die Motivation erlahmt und es wird immer schwerer, sich überhaupt noch zum Arbeiten zu bringen, da die Noten schlecht bleiben und die Prüfungen immer näher rücken. Aufgeben will man aber nicht, weil man sonst wie ein Versager dastehen könnte und eine Menge Zeit umsonst aufgebracht hätte. Die Lasten durch Angst, Frustration und Ratlosigkeit potenzieren sich, und wenn sich kein Ausweg auftut, wird die Belastung irgendwann zu groß.

Stressbewältigung

Wie wird man mit Stress fertig? Das ist oft viel schwieriger, als man denkt, denn insbesondere drängende Fragen und Probleme tendieren dazu, sich tief im Bewusstsein zu verankern und ständig nach vorn zu drängen, insbesondere wenn sie nicht angegangen werden. Und das Jurastudium erfordert nun mal einen klaren Kopf, um die vielfältigen Probleme und Belastungen stemmen zu können.

Struktur und Organisation

Ein Weg, die Last zu vermindern, ist eine gute Organisation. Das betrifft alle Lebensbereiche, denn je weniger Aufwand man investieren muss, um den Alltag abzuwickeln, desto mehr Ressourcen kann man in die Arbeit investieren. Und je besser und effizienter die Arbeit organisiert ist, desto berechtigter darf man auf gute Noten hoffen.

Ausgleich und Freizeit

Gerade weil Jura eine so kopflastige Angelegenheit ist, muss eine Strategie zur Stressbewältigung auch Mittel und Wege beinhalten, den Kopf klar zu halten. Zu viel pure Gedankenarbeit ist auf die Dauer schlecht für den Geist und kann dazu führen, dass es irgendwann schwer fällt, im eigenen Kopf Ruhe zu finden, da das Hirn fortwährend nach Futter schreit. Das macht es schwierig, sich auszuruhen und unsinniges Grübeln zu vermeiden, das einen womöglich in Schwermut verfallen lässt.

Das Gehirn muss folglich auch mal entlastet werden. Bewegung und Sport sind dafür bestens geeignet und mindern auch die Gefahr, dass sich Hüftgold zu den übrigen Problemen hinzugesellt. Daneben ist es aber auch schön, den Geist anders zu belasten, etwa durch Lesen, Spielen, Fernsehen etc. Überragend wichtig sind soziale Kontakte, denn Vereinsamung ist in keinem Falle förderlich, und auch wenn man ganz allein ist, gerät man womöglich in schlechte Gesellschaft: in die des eigenen, vereinsamten Selbst, das fast unter Garantie einen schlechten Einfluss ausübt.

Probleme angehen

Ein schöner Spruch lautet, dass Probleme die Würze des Lebens seien. Wer sein Leben also nicht irgendwann überwürzt finden möchte, sollte dafür sorgen, sich Probleme beizeiten vom Hals zu schaffen.  Es reicht jedoch nicht, die Lösung für ein Problem zu kennen – man muss sie auch anwenden, getreu des alten Matrix-Mottos, dass es ein Unterschied ist, ob man den Weg nur kennt oder ihn beschreitet. Nur wenn Problemlösungen auch angewandt werden, kann man hoffen, dass die Probleme gelöst oder doch wenigstens nicht größer oder zahlreicher oder beides werden. Ansonsten besteht das Risiko, dass man in Untätigkeit verharrt und den Problemen hilflos ausgeliefert ist wie das Kaninchen der Schlange.

Schlaf und Erholung

Gerade junge Studenten machen gern die Nacht zum Tag. Körper und Geist benötigen jedoch auch ein Mindestmaß an Schlaf, um zufriedenstellend zu funktionieren. Gerade der Geist nimmt einen fortgesetzten Schlafmangel irgendwann übel und fordert die Belastung, der er ausgesetzt wird, mit Zins und Zinseszins zurück, was sich neben Müdigkeit und Mattigkeit auch in einem Absinken der Belastbarkeit und Arbeitsleistung sowie psychosomatischen Problemen niederschlagen kann.

Auch im Wachzustand kann der Geist manchmal eine Erholungspause gut gebrauchen. Arbeiten und Lernen erfordern Höchstleistungen, rasches Denken. Kombinieren und Kreativität sind jedoch auch sehr anstrengend. Ähnlich einem Motor, den man nicht die ganze Zeit im roten Bereich laufen lassen sollte, muss auch der Verstand hin und wieder abschalten und Gelegenheit bekommen, sich abzukühlen, zu entspannen und zu verlangsamen. Sonst läuft man Gefahr, dass der Verstand nur noch schwer zur Ruhe zu bringen ist und Schlaf und Belastbarkeit darunter leiden.

Zu viel Stress

Was aber, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist? Nicht immer bemerkt man die Anzeichen von Stress rechtzeitig oder schätzt sie richtig ein, und mancher muss erst am eigenen Leib erleben, was Überlastung bedeuten kann, um sie ernst zu nehmen. Manchmal ist es da aber bereits zu spät, und man muss mit den Folgen leben, die sich mit etwas Pech bis hin zu einer psychischen Erkrankung verdichten können.

Gerade Jurastudenten, von denen im Laufe ihres Studiums bis zu 40% mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, sollten so etwas nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn trotz aller Mühen die Last so groß wird, dass man daran zerbricht, sollte man sich ernsthaft überlegen, entweder einen anderen Ausbildungsgang zu wählen oder doch wenigstens seine Strategie komplett neu auszurichten. In beiden Fällen kann es nicht schaden, sich Hilfe zu suchen, etwa einen Tutor oder einen Arzt.

Bei anhaltenden psychischen Schwierigkeiten sollte man sich nicht zu lange zieren und sich Hilfe suchen. Daran ist nichts Ehrenrühriges, und über Verhältnisse, wie sie in (insbesondere älteren) Filmen und den Medien immer wieder gezeigt werden, ist die moderne Psychiatrie längst hinweg. Und wenn man es nicht tut, riskiert man, dass die Probleme sich potenzieren und ein normales Leben irgendwann unmöglich machen.

Zusammenfassung

Stress ist eine unvermeidliche Zutat im Juristen- und Studentenleben. Entsprechend sollte man sich davor vorsehen, sich zu übernehmen und durch Ausgleich und Gegenmaßnahmen dafür sorgen, dass man von der Last der drückenden Arbeit, Sorgen und Probleme nicht überwältigt wird. In diesem Sinne: macht euch keinen Stress, und alles Gute!

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Anmerkungen

Jura Individuell informiert Sie über das juristische Studium vom ersten Semester bis zum zweiten Staatsexamen. Lesen Sie daher unsere nützlichen Artikel zur Motivation im Studium, über die Organisation und Struktur im Jura-Studium, über die Überwindung von Prüfungsangst, warum man sich für ein Jura Studium entscheiden sollte und was man gegen Lernprobleme machen kann. Außerdem beschäftigen sich unsere Artikel mit den Themen  des richtigen Lernens im Studium, dem Schutz gegen Überarbeitung  (Burnout) und wie man sich verhalten sollte, wenn man durch eine Prüfung durchgefallen ist. Weiterhin geben wir nützliche Tipps  zur Anfertigung einer Klausur oder Hausarbeit  sowie Vorbreitungshilfestellungen für die mündiche Prüfung.

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