Prüfungsangst im Jura-Studium

Planung und Organisation des Jura-Studiums und der Umgang mit der Prüfungsangst: wie man das Studium richtig in Angriff nimmt und was man vermeiden sollte.

Datum
Rechtsgebiet Juristische Ausbildung
Ø Lesezeit 11 Minuten
Foto: fran_kie/Shutterstock.com

Ein Jurastudium ist nach wie vor eine gute Wahl. Die Kenntnis der Gesetze und Strukturen, nach welchen die Verwaltung und der Staat funktionieren, ist nach wie vor Basis vieler Karrieren und universell einsetzbar. Selbst wenn man nicht die klassischen juristischen Berufe wie Richter oder Anwalt ergreifen möchte, stehen einem viele Türen offen. Allerdings gibt es beim Jurastudium auch viele Herausforderungen, wozu sicherlich auch der Umgang mit der Prüfungsangst zählt. Das Jurastudium ist berüchtigt als eines der härteren unter den akademischen Laufbahnen. So bekennen auch viele fertige Juristen, dass sie sich nicht noch einmal für dieses Studium entscheiden würden, wenn sie die Möglichkeit hätten, die Uhr zurückzudrehen.

Es gibt jedoch auch gute Nachrichten. Wer um die verschiedenen Fallstricke und Unwägbarkeiten weiß, mit denen der Weg zum Staatsexamen gepflastert ist, kann viele unnötige Fehler und viel Frust vermeiden. Viele dieser Fehlerquellen sind psychologischer Natur. Oder sie betreffen nicht das benötigte Wissen, sondern die Herangehens- oder Denkweise. Deshalb möchte ich hier einige wertvolle Erkenntnisse weitergeben, die ich aus langer und leidvoller Erfahrung gewinnen musste und die hoffentlich dem geneigten Leser helfen werden, ähnliche Klippen zu umschiffen.

Das Studium

Im Grunde hat sich das Studium seit Jahrzehnten kaum verändert. Nach wie vor geht es um den Erwerb der notwendigen Scheine. Sie bilden die Voraussetzung für die Zulassung zum Ersten Staatsexamen. Man schreibt Klausuren und Hausarbeiten, vielerorts wurden auch die sogenannten Zwischenprüfungen eingeführt. Danach folgt das Referendariat. Und an dessen Ende steht das Zweite Staatsexamen.

Nicht viel anders war es bereits zu Zeiten meines Großvaters, der in den Dreißigern in Breslau seine Vorlesungen besuchte. Immer noch sind die Grundlagen des Studiums etwa die, welche noch bei Kriegsende galten. Gleichwohl haben sich die Anforderungen und hat sich die Komplexität seither vervielfacht.

Vorlesungen allein genügen nicht

In der Praxis bedeutet das, dass in einem Studiengang, der nach jahrzehntealten Vorgaben organisiert ist, zehn- bis zwanzigmal so viel Stoff und Wissen vermittelt werden muss wie noch in den Fünfzigern. Das ist natürlich unmöglich. Deshalb sollte man keinesfalls den Fehler begehen, sich allein auf die Vorlesungen zu verlassen, wenn man seine Scheine erfolgreich bestehen will.

Wer frisch von der Schule kommt, kann leicht auf den Gedanken kommen, dass die Vorlesungen sich kaum von Schulstunden unterscheiden. Aber das stimmt nicht ganz: In ihnen wird meist nur ein Bruchteil dessen vermittelt, was man benötigt, um seine Klausuren bestehen zu können. Das ist einer der Gründe dafür, dass Repetitorien mit Skripten u.ä. so gute Geschäfte machen. Meist bieten sie eine durchaus empfehlenswerte Zusammenstellung des relevanten Stoffes. Sie sollten daher in keinem Studenten-Bücherschrank fehlen. Auch geht es in den Repetitorien wesentlich verschulter vor. So sind die Gruppen etwa deutlich kleiner usw.

Übungsgruppen und Seminare machen es meist kaum besser. Die liegt nicht zuletzt daran, dass auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter mit solch einem Lehrauftrag überfordert sind. Es wird zumeist nach der Gießkannenmethode vor sich hin gelehrt. Die Studenten werden es schon kapieren, so die Hoffnung. Wer mit falschen Vorstellungen an das Studium herangeht, kann so schnell in unangenehme Situationen geraten, wenn ihm erst nach einer ganzen Weile klar wird, warum sich vieles schwieriger gestaltet als gedacht.

Prüfungsangst im Jurastudium

Die Staatsexamina mit ihren enormen Leistungsanforderungen machen das Jurastudium zu einem der schwierigsten Studiengänge. Es sind jedoch nicht allein die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und das nötige Durchhaltevermögen, welche die Examina zu so hohen Hürden machen, sondern auch die damit verbundenen Implikationen für die Karriere.

Die zu nehmende Hürde ist auch bei nüchterner Betrachtungsweise kein Zuckerschlecken. Innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes wird alles Wissen, das man in den letzten Jahren erworben hat, auf einmal gebraucht. Demgegenüber musste man sich bei Scheinen und Zwischenprüfungen jeweils nur einem Rechtsgebiet stellen.

Das Gedankenkarussell

Die zu absolvierenden Klausuren und Prüfungen sind sowohl psychisch als auch physisch kräftezehrend. Zudem hat man nur zwei, maximal drei Versuche. Und eine gute Note wäre ebenfalls hilfreich. Ein Misserfolg soll natürlich unter allen Umständen vermieden werden. Denn ein schlechtes Examen bedeutet schlechtere Karrierechancen. Ein totaler Fehlschlag dagegen käme scheinbar umsonst geopferten Jahren im Studium oder Referendariat gleich.

Solche Gedanken bilden einen perfekten Nährboden für Ängste. Und so wächst in der von Stress und Furcht überhitzten Vorstellung so manchen Prüflings das Examen zu einem Schrecken heran. Diesem könne man nur mit der denkbar besten Vorbereitung überhaupt gegenübertreten.

Folgen für die psychische Gesundheit

Diese psychische Komponente sorgt dafür, dass die Prüfungsangst bei manchen bis ins Unermessliche steigt. Der ohnehin vorhandene Prüfungsstress wird potenziert. Nicht weniger als 40 % der Jurastudenten, die bis zum Examen dabei bleiben, berichten von derartigen Problemen. Nicht selten liegen Symptome einer psychischen Erkrankung vor, verursacht oder verstärkt durch die Prüfungsangst.

Insbesondere diejenigen, die durch ungenügende Vorbereitung, ineffiziente Lernmethoden, Mangel an Motivation oder einfache Unlust um ihr Examen fürchten müssen, machen oft Höllenqualen durch. Noch schlimmer wird es natürlich dann, wenn der erste oder gar bereits der zweite Versuch gescheitert ist. Denn es ist oft nicht leicht, das Pferd zu wechseln und eine andere Ausbildung zu beginnen. Ganz besonders bei denen, die bereits viel Zeit investiert haben, bevor ihnen aufgeht, dass Jura vielleicht doch nicht das Richtige für sie ist. Dann soll auf Biegen und Brechen noch ein Abschluss her.

Abwärtsspirale

Bei manchen beginnt so eine fatale Abwärtsspirale. Nicht selten zehrt der immer weiter ansteigende Druck die Kräfte des Probanden zunehmend auf. Ergebnis ist, dass immer weniger von den schwindenden Reserven in die Vorbereitung fließen kann. Wem es nicht rechtzeitig gelingt, seine Prüfungsangst zu überwinden und den Sprung zu wagen, beginnt womöglich, sich nur noch im Kreis zu drehen. Die Angst vor dem Examen und dem Fehlschlag hindert an der Vorbereitung, weshalb das Examen immer weiter verschoben wird. Und der Druck wächst weiter.

Unter dem sich immer mehr verstärkenden Druck kann es dann geschehen, dass man ausschließlich damit beschäftigt ist, sich zum Arbeiten zu zwingen. Zugleich kann man jedoch keinen Finger rühren. Und schafft man das Examen wider Erwarten dann doch, warten auch noch der achte und neunte Höllenkreis – das Referendariat und das Zweite Examen.

Wie bewältigt man seine Prüfungsangst? Wie kommt man da raus? Oder besser noch: wie kommt man gar nicht erst hinein? Ein paar einfache Regeln können helfen. Allerdings liegt es auf der Hand, dass man sie am besten beherzigen kann, wenn man bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Viele lernen die wichtigen Lektionen leider erst, nachdem sie auf der Nase gelegen und erfahren haben, wie wichtig sie sind.

Die sieben Grundsätze richtiger Examensvorbereitung

Bei der Organisation des Lernens und Lebens in der Studien- und Examenszeit sind einige einfache Grundsätze hilfreich, deren Befolgung einiges vereinfachen kann.

1. Disziplin

Die allerwichtigste Voraussetzung ist Disziplin. Dabei denkt jeder sofort an den Kasernenhof. Gemeint ist jedoch etwas anderes. Und zwar die konsequente Verfolgung der gesteckten Ziele, ohne allzu große Abweichungen und Reibungsverluste.

Dazu gehört nicht nur Disziplin beim Arbeiten, sondern folgerichtig auch beim Leben außerhalb der Bibliothek und des Arbeitszimmers. Keiner der beiden Faktoren darf zu intensiv werden. Denn sie unterliegen starken Wechselwirkungen. Wer zu viel arbeitet, kann sich nicht genügend erholen und wer zu viel Kraft in andere Dinge steckt, findet nicht mehr genug für die Arbeit. Das richtige Maß ist entscheidend und von Person zu Person verschieden.

2. Organisation

Hand in Hand mit der Disziplin geht eine gute Selbstorganisation. Dabei muss erneut jeder selbst wissen, was gut für ihn ist. Mancher bevorzugt kreatives Chaos, während andere alles auf Reihe und Kante haben müssen – völlig egal; solange dabei effiziente Arbeit möglich ist, ist es in Ordnung.

Ein wichtiger Faktor ist dabei noch zusätzlich hervorzuheben: Wer nicht weiß, wie er vernünftig arbeiten soll, kann sich noch soviel anstrengen und doch nur Mist produzieren, sodass erneut eine Abwärtsspirale droht. Meist ist ein regelmäßiges Pensum von ein paar Stunden täglich die richtige Dosis, wobei man sich auch Gedanken darüber machen muss, was einem am meisten nutzt.

Mancher lernt am besten schematisch und verinnerlicht Strukturen. Andere sind groß im Auswendiglernen. Ich persönlich musste eher eine Art Instinkt entwickeln und die juristischen Denkweisen verinnerlichen. Jede Form hat ihre Vorzüge und ihre Nachteile. Man sollte allerdings bedenken, dass sich Daten und Gesetze schnell ändern, Strukturen jedoch langsamer und eher selten.

3. Ehrlichkeit mit sich selbst

Wichtig ist auch das Vermeiden von Selbstbetrug und, oftmals noch schlimmer, von Selbstbestrafung. Wer sich permanent selbst betrügt und dem Studium nicht die gebotene Aufmerksamkeit widmet, muss mit Rückschlägen rechnen. Oftmals fällt die Gegenbewegung dann zu stark aus und gerät zur Selbstgeißelung. Dann fühlt man sich erst recht miserabel und arbeitet nur noch, ohne sich erholen zu können. Damit riskiert man erneut ein Scheitern und eine weitere Möglichkeit des Eintritts in die Abwärtsspirale.

4. Lobe dich selbst

Eigenlob soll angeblich stinken. Das ist wohl wahr, wenn es darum geht, sich vor Anderen großzutun. Aber das soll niemanden hindern, sich auch mal selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn man etwas Gutes geleistet hat. Die beste Arbeit ist nicht viel wert, wenn es niemanden gibt, der sie gut findet und das darf man ruhig selbst sein. Braucht ja sonst niemand zu wissen und man kann sich selbst besser leiden, wenn man sich selbst auch mal Anerkennung zollt, wo es angebracht ist.

5. Bleib‘ nicht allein

Jeder arbeitet anders. Viele bevorzugen die Arbeit in der Gruppe, andere sind Einzelkämpfer. Insbesondere die Letzteren tendieren zu einer starken Isolation, vergraben sich in ihrer Arbeit und haben kaum noch Umgang mit anderen Leuten. Ob zur Arbeit oder in der Freizeit: Es ist sehr wichtig, hin und wieder mal mit anderen Menschen zu reden und die eigenen vier Wände zu verlassen. Sonst droht ein Abgleiten in Tiefsinnigkeit. Oft heißt es, man laufe Gefahr unter den schlechten Einfluß anderer Leute zu geraten. Aber wer sich zu sehr abgrenzt, gerät leicht unter den schlechten Einfluss der einzigen Person, mit der er oder sie viel Zeit verbringt: Sich selbst und seinen Ängsten und trüben Gedanken.

6. Gönn‘ dir was

Auch wenn manche es gern so sehen, besteht das Leben nicht nur aus Arbeit und das Studium erst recht nicht. Insbesondere Wackelkandidaten neigen zum sozialen Rückzug, um sich besser auf die Arbeit konzentrieren zu können. Nichts könnte falscher sein! Soziale Kontakte, Freundschaften, Unternehmungen und Vergnügungen sind als Ausgleich zur Arbeit unverzichtbar: Sie verschaffen Ablenkung und Ausgleich, die das Gehirn in Schuss halten. Auch unser Gehirn braucht Pausen um leistungsfähig zu sein. Und damit sind nicht nur die Schlafenszeiten gemeint. Dazu gehört nach Möglichkeit Bewegung, Sport und auch gutes Essen, denn wer gut arbeitet, der soll auch gut essen – und umgekehrt. Die Einzelheiten bleiben wiederum jedem selbst überlassen, jeder nach seiner Façon.

7. Keine Panik

Der Wahlspruch des weithin bekannten interstellaren Reiseführers Per Anhalter durch die Galaxis gilt natürlich auch hier: Man muss ein paar Kämpfe verlieren, um das Gewinnen zu lernen. Ganz besonders vor dem Examen sollte man den gebührenden Respekt haben. Aber es bringt nichts, sich übermäßig davor zu fürchten. Angst ist dazu da, überwunden zu werden – sieh den Dingen ins Gesicht und gib Dir Mühe, mehr kann niemand verlangen. Und zu oft darf man nicht weglaufen, schon gar nicht vor der Angst: Sie kann sich sonst leicht verselbständigen und alles lähmen. Es gehört manchmal Mut dazu.

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Anmerkung

Weitergehende Fragen zu dem Thema „Prüfungsangst im Jura-Studium“ werden von uns gerne beantwortet. Die Vereinbarung eines persönlichen Gespräches in dringenden Fällen ist jederzeit möglich.

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Des weiteren erhalten Sie Hilfestellungen bei der Vorbereitung und Anfertigung der Abschluss-, Schein-,  Zwischenprüfungsklausuren (Zivilrecht, Öffentliches Recht, Strafrecht) und des  Staatexamen (Ablauf, mündliche Prüfung, Die Klausuren, Die Vorbereitung, Examen im Zivilrecht, Examensplan). Wir informieren Sie ebenfalls über Crashkurse zur Vorbereitung auf Klausuren und das Referendariat (Der erste Tag, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz).

Erfahren Sie mehr über die Tradition der Repetitorien, die Geschichte der modernen Universität, das Beamtentum, die Notwendigkeit der Repetitorien bei der Klausur- und Examensvorbereitung, die verschiedenen Formen von Repetitorien, den Ablauf des Individualunterrichtes sowie den Nutzen von ergänzenden juristischen Privatunterricht.

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