Rechtsreferendariat in Bayern

Informationen für die Zeit zwischen Abschluss des 1. Staatsexamens und Beginn des Referendariats.

Datum
Rechtsgebiet Juristische Ausbildung
Ø Lesezeit 10 Minuten
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Nach erfolgreichem Abschluss des ersten Staatsexamens kann man zu Recht stolz auf sich sein. Die sich eingestellte innere Ruhe und Ausgeglichenheit weicht aber schon bald der Aufregung und Nervosität angesichts des bevorstehenden Referendariats. Nur wenige Absolventen haben eine konkrete Vorstellung von dem, was in den nächsten 24 Monaten auf sie zukommen wird. Im Folgenden möchte ich einige Tipps und Hinweise geben, die aus meiner Sicht hilfreich für den erfolgreichen Start in den neuen Lebensabschnitt sind.

I. Die notwendigen Formalien

Nahezu jeder Examenskandidat hat schon konkrete Vorstellungen, wie er die freie Zeit nach den schriftlichen Prüfungen gestalten möchte. Um diese Pläne auch in die Tat umsetzen zu können, ist es unerlässlich zu wissen, wann wichtige Schreiben eintreffen und welche Unterlagen und Informationen sie enthalten. Die Unterlagen müssen meist unverzüglich beantwortet und zurückgeschickt werden, sodass ein langes Abwarten nicht in Frage kommt. Plant man also einen längeren Auslandsaufenthalt, empfiehlt es sich einer nahestehenden Person eine entsprechende Vollmacht zu erteilen, damit diese die notwendigen Angelegenheiten regeln kann.

1. Die erste Postsendung

Das Referendariat kann in Bayern im April oder im Oktober angetreten werden. Die erste Postsendung erhält man mit der Zustellung der Examensergebnisse im schriftlichen Staatsteil. Darin enthalten ist unter anderem eine Belehrung zur Verfassungstreue, eine Erklärung über die Zugehörigkeit zu, extra aufgelisteten, extremistischen oder extremistisch beeinflussten Organisationen sowie eine Erklärung über die Zugehörigkeit zu Scientology. Es ist zudem die Anfertigung eines amtlichen Führungszeugnisses zu beantragen. Dieses wird direkt von der ausstellenden Behörde an den Präsidenten des jeweiligen OLG-Bezirks übermittelt. Der Behörde muss lediglich die richtige Anschrift des Adressaten (OLG-Präsident) mitgeteilt werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt muss entscheiden werden, welche Ortswünsche man angibt. Ist die Zahl der Bewerber nicht allzu groß, werden diese in der Regel auch berücksichtigt. Man erhält automatisch ein Bewerbungsformular für das Oberlandesgericht, das für den Bezirk zuständig ist, in dem man sein Examen abgelegt hat. Natürlich hindert das nicht daran sich bei einem anderen Oberlandesgericht zu bewerben. Hierzu finden sie Informationen auf der Homepage des Landesjustizprüfungsamtes Bayern. Wichtig ist, dass der Einführungslehrgang und die vereinzelt über das Jahr verteilten Lehrgänge immer am Ausbildungsgericht erfolgen. Auch die Arbeitsgemeinschaften, die ein bis zweimal wöchentlich stattfinden, werden nicht am zugeteilten Gericht abgehalten, sondern ebenfalls am Ausbildungsgericht. Zusätzlich muss angegeben werden, ob man in der Strafstation auch mit der Zuteilung zu einem Strafrichter anstatt zur Staatsanwaltschaft einverstanden wäre. Anzukreuzen ist weiterhin der Regierungsbezirk, in dem die Verwaltungsstation abgeleistet werden soll. Diese Angabe ist aber nicht endgültig. Einige Zeit vor Antritt der Verwaltungsstation hat man erneut eine Bewerbung zu schreiben, in der dann der Ort für diesen Ausbildungsabschnitt verbindlich festgelegt wird. Die Bewerbung mit den entsprechenden Anlagen muss sodann an den Präsidenten des gewählten Oberlandesgerichts geschickt werden.

2. Die zweite Postsendung

Zwei bis drei Wochen nach Abgabe der Bewerbung erhält man einen Bescheid vom Präsidenten des Oberlandesgerichts, in dem mitgeteilt wird welchem Dienstort man zugeteilt wurde. Hat man im ersten Schreiben möglicherweise etwas falsch angegeben oder eine Angabe vollständig vergessen, werden hier die Formblätter mitgeschickt, die abgeändert oder ergänzt werden müssen. Dabei ist ein kurzer Vermerk enthalten, was ausgebessert werden muss.

Im Falle einer Mehrfachbewerbung an anderen OLGs ist zu beachten, dass man in Bayern nur dann für eine Stelle berücksichtigt wird, wenn bis zu einem Stichtag (dieser wird in der Regel extra mitgeteilt) dem entsprechenden OLG bestätigt wird, dass die anderen Bewerbungen zurückgenommen wurden.

3. Die dritte Postsendung

Kurz vor dem Beginn (etwa 2-3 Wochen) des Referendariats erhält man dann das Einstellungsschreiben mit weiteren Anlagen. So müssen zwei vorgedruckte Personalbögen ausgefüllt werden. Einer dient zur Erfassung aller Angaben zur Person, der zweite Bogen betrifft die Datenermittlung für die Bezügeabrechnung. Ferner sind eine Erklärung zum Zahlungsverfahren, eine FOS (Familien-, Orts- und Sozialzuschlag) -Erklärung, sowie eine steuerliche Erklärung für Dienstanfänger beigefügt. Diese Vordrucke sind je nach persönlicher Lebenssituation entsprechend auszufüllen. Sollten sich dabei Probleme ergeben kann man telefonisch Rat bei dem angegebenen Sachbearbeiter einholen. Die Sachbearbeiter sind auch im Regelfall äußerst nett und hilfsbereit, weshalb man nicht zögern sollte diese Hilfe auch in Anspruch zu nehmen. Es versteht sich von selbst, dass man zuerst selbst alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Problemlösung ausschöpfen sollte. Nicht zu vergessen ist das Anheften von 3 aktuellen Passbildern. Dem Schreiben ist zudem ein umfangreiches Merkblatt, wie auch eine Broschüre zum Referendariat beigefügt, die weitere, möglicherweise noch offene, Fragen beantworten.

Schließlich liegt ein Programm zum Einstellungstag und dem anschließenden Einführungslehrgang bei. Hier findet sich dann auch die Information, wann und wo man am Einstellungstag zu erscheinen hat.

II. Der Einstellungstag

Am ersten Tag des Referendariats versammeln sich die angehenden Referendare in einem Aufenthaltsraum. Zunächst erfolgt dort die Belehrung bezüglich der Straftaten, deren Vermeidung insbesondere im öffentlichen Dienst von Bedeutung ist. Im Folgenden wird jedem zukünftigen Assessor einzeln die Einstellungsurkunde im Sekretariat überreicht. Ab diesem Tag ist man sodann Angestellter im öffentlichen Dienst. Außerdem erhält man einen Ausweis, der den Wachbeamten immer beim Betreten des Gerichts vorgezeigt werden muss. Der Ausbildungsplan für den gesamten Vorbereitungsdienst wird zusammen mit dem Ausbildungsplan für das zugeteilte Gericht ausgehändigt. Hierin erfahren sie auch, welchem Richter sie in der ersten Station zugeteilt sind und an welchem Ort sie die Strafstation ableisten werden und ob sie, je nachdem, bei einem Strafrichter oder der Staatsanwaltschaft arbeiten werden. Des Weiteren wird man gefragt, ob man Nebentätigkeiten ausübt oder plant auszuüben. Weiß man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob man neben dem Referendariat noch arbeiten möchte oder in welchem Umfang, kann man den Antrag auf eine Nebentätigkeit auch jederzeit später stellen. Am Nachmittag findet dann die Begrüßung durch die Präsidenten (Präsident des OLG und des LG) statt. Nach der meist optimistischen und aufbauenden Begrüßungsrede des Oberlandesgerichtspräsidenten stellen sich die hauptamtlichen Arbeitsgemeinschaftsleiter sowie die Ansprechpartner für alle formellen Fragen vor.

Da sich auch hier häufig das Problem der richtigen Bekleidung stellt kurz der Hinweis, dass offizielle Kleidung, also Anzug, Hosenanzug etc. nicht notwendig sind. Es sollte aber dennoch ein ordentlicher Kleidungsstil gewählt werden. Es werden auch zahlreiche Kontaktadressen mitgeteilt, an die man sich mit Fragen wenden kann. Für Autofahrer ist es oftmals hilfreich, sich vorher über Parkmöglichkeiten zu erkundigen. Auf Pünktlichkeit wird das gesamte Referendariat über großen Wert gelegt, daher sollte man auch die Anfahrtszeit mit Rücksicht auf die Verkehrssituation und Parkplatzsuche eher großzügig bemessen.

III. Allgemeine Informationen

1. Nebentätigkeit

Wie soeben angesprochen ist es möglich neben dem Referendariat einer Nebentätigkeit nachzugehen. Handelt es sich um eine juristische Tätigkeit darf man hierfür 14 Wochenstunden aufwenden, für nichtjuristische Tätigkeiten werden lediglich 8 Stunden gewährt. Empfehlenswert ist selbstverständlich eine Nebentätigkeit im juristischen Bereich. Allerdings sollte man sehr genau darauf achten, inwieweit die Tätigkeit einen Nutzen für das Referendariat bringt. Die Zeit bis zum 2. Staatsexamen ist kurz bemessen und es wäre sehr bedauerlich, diese wertvolle Zeit mit unwichtigen Dingen zu vergeuden. Deshalb gilt es die Vor- und Nachteile gründlich gegeneinander abzuwägen und möglicherweise auch eine, sofern tragbar, finanzielle Einbuße hinzunehmen, wenn es der Optimierung der Examensvorbereitung dient. Um eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu erhalten, muss ein gesondertes Formular ausgefüllt werden, in dem Art und Umfang der Tätigkeit sowie Dauer und Vergütung angegeben werden müssen. Dieses muss im Regelfall, je nach Verwaltungsaufteilung des Gerichts, bei der Referendargeschäftsstelle eingereicht werden. Die Bestätigung der Genehmigung kann bis zu vier Wochen dauern.

2. Versicherungen

Man sollte sich frühzeitig um die entsprechenden Versicherungen kümmern, um noch Vergleichsangebote einholen zu können. Als Referendar ist man verpflichtet, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten. Hier kann man zwischen den verschiedenen Anbietern wählen, wobei der Leistungsumfang gesetzlich festgelegt ist, sodass die Unterschiede minimal sind. Allerdings kann es hilfreich sein, einige Zusatzversicherungen abzuschließen. In Frage kommen hier bspw. eine Zahnzusatzversicherung sowie ein Zusatzpaket für Brillenträger. Je nach Interessenlage kann auch eine Chefarztbehandlung und eine Einzelbettunterbringung im Falle eines Krankenhausaufenthalts gewählt werden. War man bis zum Einstellungstermin privat versichert und beabsichtigt, sich auch später wieder privat zu versichern, ist es ratsam, eine Anwartschaft bei dem bisherigen privaten Versicherer abzuschließen, um so ohne erneute Gesundheitsprüfung nach Ende der Referendarszeit wieder aufgenommen zu werden.

Die entsprechenden Beiträge für Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung werden automatisch vom Bruttogehalt abgezogen. Es bleibt dem Einzelnen überlassen, sich darüber hinaus gegen Arbeitsunfähigkeit zu versichern oder die gesetzliche Rente durch zusätzliche Finanzierungen abzusichern.

Dem Einstellungsschreiben liegt zudem ein Informationsblatt bei, das wichtige Angaben für die Krankenversicherung enthält, wie unter anderem die Betriebsnummer der künftigen Beschäftigungsstelle.

3. Urlaub

Erholungsurlaub wurde bisher gestaffelt nach Lebensalter gewährt. So betrug der Urlaub bisher bis zum 29. Lebensjahr 26 Tage jährlich, ab dem 30. Lebensjahr 29 Tage und ab dem 40. Lebensjahr 30 Tage. Angesichts des kürzlich stattgefunden Streiks im öffentlichen Dienst ist mit einer minimalen Änderung zu rechnen. Derzeit stehen dem Rechtsreferendar  kalenderjährlich 28 Arbeitstage Erholungsurlaub zu. In den ersten 6 Monaten und während den Einführungslehrgängen ist es nicht gestattet, Urlaub zu nehmen. Allerdings kann die Einbringung des Urlaubs vor Ablauf der Wartezeit genehmigt werden. So werden gerade im letzten Monat der Station vereinzelt Ausnahmen gewährt. Diesbezüglich muss mit dem Leiter der Arbeitsgemeinschaft gesprochen werden.

4. Vergütung

Es wird eine Unterhaltsbeihilfe in Höhe von derzeit ca. 1172,08 Euro brutto gewährt. Darüber hinaus wird kein Weihnachts- oder Unterhaltsgeld bezahlt. Sofern man die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, kann ein Familienzuschlag beantragt werden.

IV. Die Ausbildungsstationen

Das Referendariat in Bayern beginnt mit der Zivilstation. Die gesamte Ausbildung teilt sich in folgende fünf Ausbildungsabschnitte:

(Zu den einzelnen Stationen erscheinen demnächst ein eigenständige Artikel).

V. Schlusswort

Hat man endlich alle Unterlagen ausgefüllt, die notwendigen Versicherungen abgeschlossen und alle übrigen Informationen im Gedächtnis gespeichert, kann man sich erstmal zurücklehnen und entspannen. Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur empfehlen, die letzten beiden Wochen vor dem Examen zu genießen und die juristischen Bücher und Ordner liegen zu lassen. Spätestens mit Beginn des Referendariats werden Zeitdruck und Stress wieder in gewohntem Maße auf Sie zukommen. Daher ist die Zeit, in der der Erfolg des ersten Staatsexamens noch nachwirkt, die neue Herausforderung aber noch nicht begonnen hat, besonders wertvoll.

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Anmerkungen

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