Jura Repetitorium – Bundesweit

Repetitorien während des Jura-Studiums

Datum
Rechtsgebiet Juristische Ausbildung
Ø Lesezeit 11 Minuten
Foto: Tudoran Andrei/Shutterstock.com

Das Repetitorium ist ein Instrument der Studierenden, um sich während des Studiums oder in den meisten Fällen am Ende des Studiums, nochmals vertiefend auf (Examens-) Klausuren oder mündliche Prüfungen vorzubereiten. Im Studienbereich der Rechtswissenschaften ist das Repetitorium zur Examensvorbereitung sehr verbreitet. Auf Grund der oftmals schwierigen Studienbedingungen und dem teilweise viel zu großen Lernumfang werden immer häufiger auch während des Studiums zur Vorbereitung von Schein-, Abschluss-, Zwischenprüfungsklausuren und Hausarbeiten Repetitorien in Anspruch genommen.

Wortsinn

Zunächst soll geklärt werden, was unter einem Repetitorium zu verstehen ist. Bei einem Repetitorium handelt es sich um eine Lehrveranstaltung oder Publikation zum Zwecke der Wiederholung und Festigung eines bereits bearbeiteten Stoffes. Dabei gibt es zwei Arten von Repetitorien. Es gibt zum Einen das Repetitorium, bei welchem ein geschulter Jurist vor den Studierenden referiert und mit ihnen gemeinsam den bereits bearbeiteten Stoff nochmals wiederholt und Probleme aufzeigt. Zum Anderen gibt es auch Repetitorien, die in Büchern nochmals die wichtigsten Probleme des Rechtsgebietes darstellen und eine Anleitung zur richtigen Vorbereitung auf das Examen oder die Klausuren geben.

Geschichtliches

Einleitend erfolgt ein kurzer Abriss über die Entwicklung der Jura-Repetitorien in der Neuzeit.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Bedeutung des Repetitoriums ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts stark gestiegen. Mit Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 01.01.1900 und der Weiterentwicklung des öffentlichen Rechts  wurde das Studium praxisorientierter. Dies hatte zur Folge, dass die abgelegte Prüfung nicht mehr als reine Wissens-, sondern auch als Verständnisprüfung angesehen wurde (Oehler Gutachten für den Deutschen Juristentag E 20 ff. (E44)). Dadurch veränderte sich natürlich auch das private Repetitorium. Es wurde praxisnäher ausgerichtet. So wurde aus dem Einpauker, als welcher der Repetitor vielfach bezeichnet worden war, mehr und mehr ein dogmatischer, moderner Rechtslehrer. Eigentlich gingen die meisten Gelehrten davon aus, dass die Einführung des BGBs zum Rückgang der privaten Repetitorien führen würde. Aber das Gegenteil war der Fall. In Halle überschnitt sich das Repetitorium mit einer Universitätsvorlesung, sodass diese fast keine Zuhörer mehr hatte (Litten JW 1912 S. 1085).

In den Folgejahren kam es zu einer Aufspaltung der Repetitorien. Denn nicht alle Privatlehrer fanden den neuen modernen Stil gut. Sie hielten daher weiter an dem System des „Einpaukers“ fest. Die modernen Repetitoren distanzierten sich indes stark von den alten Privatrechtslehrern.

In der Weimarer Republik

In der Weimarer Republik wurde die Anzahl der Repetitoriumsbesucher noch viel größer. In dieser Zeit wurde festgestellt, dass kaum jemand sein Wissen aus den universitären Vorlesungen bezog. Vielmehr erhielten 90 % der Studierenden ihre Fähigkeiten aus Repetitorien und 10 % ihre Kenntnisse durch die Zusammenarbeit mit anderen Studierenden (Ebermayer JW 1922 1439). Auch die weitreichenden Änderungen des Prüfungssystems und die Abschaffung der Anwesenheitspflicht in den universitären Vorlesungen änderten nichts an der hohen Beteiligung am privaten juristischen Unterricht.

Auf Grund der großen Abwanderung von der universitären Ausbildung in die privaten Vertiefungsveranstaltungen dachte man zum Ende der Weimarer Republik immer mehr darüber nach, das Repetitorium in die universitäre Ausbildung zu integrieren. Jedoch erfolgte insoweit mit der Reform im Jahre 1931 keine Umsetzung. Beschlossen wurde in dieser Reform allerdings die Schaffung von universitären Repetitorien (JW 1930, 1273, 1274).

Zwischen 1930 und 1945

Mit Beginn der Zeit des Nationalsozialismus veränderte sich das juristische Studium umfangreich. Die einst freie Justiz verlor ihre Unabhängigkeit. Es folgte eine Abhängigkeit vom faschistischen Machtapperat. Aber auch weiterhin blieb der Bedarf nach privaten Repetitorien sehr groß. Die Nationalsozialisten veränderten das juristische Ausbildungssystem in der Hinsicht, dass die „Aneignung positiver Kenntnisse und dogmatischer Fähigkeiten“ in den Hintergrund rückte. Im Vordergrund stand vielmehr die Gesinnung und Leitlinientreue zum Unrechtsstaat (Stefan Lueg Die Entstehung und Entwicklung des juristischen Privatunterrichts in den Repetitorien S. 91). Einer der bekanntesten Repetitoren in der Zeit des Dritten Reiches war der in Berlin tätige spätere Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger.

Von der Gründung der Bundesrepublik bis heute

Mit dem Ende des Nationalsozialismuses hatten viele Universitäten mit der riesigen Zerstörung, die der 2. Weltkrieg hinterlassen hatte, zu kämpfen. Viele Vorlesungssäle waren zerstört. Die Siegermächte machten Probleme bei der Verteilung der neuen Professuren. Da hatten es die privaten Repetitoren leichter. Denn sie unterlagen keinen staatlichen Zwängen. Deshalb lag der Anteil der Studenten, die den privaten Vertiefungsunterricht besuchten, im Jahre 1949 bei deutlich über 80 %.

Anfang der 70er Jahre reformierte man nochmals die juristischen Ausbildungsgesetze. Erstmals wurden bei dieser Reform auch ernsthaft darüber nachgedacht, das private Repetitorium in die universitäre Ausbildung zu integrieren. Man bezog daher auch Repetitoren bei der Gesetzesfindung ein. Nach den Beratungen in den einzelnen Ausschüssen gelangte man aber zu der Überzeugung, dass der Repetitor nicht in das universitäre System eingegliedert werden solle. Ein Grund für die Ablehnung waren die enormen Kosten, die der Staat für die Repetitoren hätte aufbringen müssen.

In den achziger Jahren entwickelten sich dann die großen Repetitorien, die überregional tätig waren und es auch immernoch sind. Zu dieser Zeit fand auch erstmals eine Teilung nach Rechtsgebieten statt. So deckte von da an nicht mehr eine Person allein alle Rechtsgebiete ab. Vielmehr setzte man Spezialisten ein, die sich in den einzelnen Rechtsgebiete genaustens auskannten.

In der heutigen Zeit besteht im Gegensatz zum Anfang des 20. Jahrhunderts keine wirkliche Konkurrenz mehr zwischen universitärer und privater Ausbildung. Vielmehr nehmen viele Universitäten darauf Rücksicht, dass neben den universitären Vorlesung auch die Repetitorien besucht werden können und es zu keiner Überschneidung kommt.

Sinn und Zweck der Repetitorien

Die Universitäten bieten zur Vorbereitung auf das Staatsexamen und die Klausuren Vorlesungen und Tutorien an, um das Wissen der Studierenden zu vertiefen. Es stellt sich daher die Frage, wofür es eigentlich eines privaten Repetitoriums zur Vorbereitung bedarf. Denn auch in anderen Studienfächern wie Medizin oder Lehramt wird am Ende des Studiums ein Staatsexamen abgelegt. Doch bei diesen Studienfächern wird größtenteils keine private Vertiefung angeboten.

Warum bedarf es beim Jurastudium der Repetitorien?

Die Besonderheit bei der juristische Vorbereitung auf das Staatsexamen und auf die Scheinklausuren liegt darin, dass die Universitäten es nicht mehr schaffen, die Studierenden so vorzubereiten, dass diese den Anforderungen des Examens gewachsen sind (Hattenhauer JuS 1989 S. 513, 519). Zwar publizieren die Hochschullehrer viele sehr gute Lehrbücher. Aber diese dienen mehr als Nachschlagewerk als zur Vorbereitung auf die Klausuren und das Examen (Spitzner Studium der Rechtswissenschaft  S. 32). In der Folge ist festzustellen, dass die Studierenden sich zwar sehr gut mit den von der Universität zur Verfügung gestellte Materialien auseinandersetzen. Bei der Umsetzung und Anwendung ihres Wissens in den Klausuren kommt es jedoch zu Problemen.

Was passiert im Repetitorium?

Das Repetitorium will den Studierenden mit bewährten Methoden sprichwörtlich an die Hand nehmen und durch den Stoff führen. Es soll dabei mit Hilfe von Fällen der gelehrte Stoff angewendet und examensrelevante Probleme sollen vertieft werden. Dabei wird nach einem zweigliedrigen System verfahren. Der Studierende besucht zum Einen die Vorlesung des Repetitoriums, bei welchem die einzelnen Rechtsgebiete nacheinander durchgegangen werden. Zum Anderen erhält er Materialien, mit welchen er die Vorlesungen vor- und nacharbeiten kann.

Abhängig von der Größe der Repetitorien (Gruppen-, Kleingruppen-, Individualrepetitorium) kann sich der Studierende hier besser entfalten. Denn in kleinen Vertiefungsgruppen fällt es vielen angehenden Akademikern leichter eine Frage zu stellen, ohne Angst zu haben, sich zu blamieren. Der Repetitor geht dann individuell auf den Einzelnen ein. So hilft er dabei, Schwächen abzustellen und Stärken auszubauen.

Arten der Repetitorien

Es gibt drei Arten der privaten Repetitorien: das Gruppenrepetitorium (mit teileweise mehr als 100 Teilnehmern), das Kleingruppenrepetitorium (mit 3-12 Teilnehmern) und das Individualrepetitorium.

Vor- und Nachteile

Gruppenrepetitorium

Die Vorteile eines Gruppenrepetitoriums liegen darin, dass mit einer Vielzahl von Personen nochmals auf eine verständliche Art durch einen Juristen der gesamte examensrelevante Stoff durchgenommen wird. Dabei erhält man meist Materialien, welche der Vor- und Nachbearbeitung dienen. Weiterhin ist es sehr von Vorteil, dass die Kosten für das Repetitorium deutlich niedriger sind als die Kosten für ein Einzelrepetitorium. Zudem finden sich diese Repetitorien in nahezu allen Städten. Es spielt dabei keine Rolle, ob man in Greifswald, Bielefeld, Halle/Wittenberg, Erlangen-Nürnberg, Mannheim, Konstanz, Göttingen, Mainz, Passau oder Leipzig wohnt.

Der Nachteil des Gruppenrepetitoriums liegt darin, dass dieses nicht auf die Probleme des Einzelnen eingeht. Es wird auch kein Lernplan für den einzelnen Studierenden erarbeitet. Der Einzelne ist nicht gezwungen mitzudenken und mitzuarbeiten, weil er in der großen Menge an Leuten meist untergeht.

Kleingruppenrepetitorium

Großer Vorteil bei einem Kleingruppenrepetitorium ist, dass hier der Examenskandidat nicht untergeht. Bei dieser Art von Vorbereitung ist jeder gezwungen mitzudenken und mitzuarbeiten. Weiterhin stellt ein Repetitor für die Bedürfnisse der Gruppe einen Lernplan auf. Auch stimmt er die Materialien auf die Gruppe und deren Mitglieder ab. Durch das intensivere Lernen kann man natürlich auch in kürzer Zeit mehr Stoff verinnerlichen, was die Vorbereitungszeit deutlich verkürzen kann.

Der Kleingruppenunterricht wird aber nicht nur in großen Universitätsstädten angeboten wie Hamburg, Heidelberg, Bonn, München oder Berlin, sondern auch an kleineren Unis wie Göttingen, Jena, Marburg, Kiel, Trier, Frankfurt/Oder, Saarbrücken, Bayreuth oder Bochum.

Der Nachteil ist einzig, dass die Kosten für das Repetitorium höher sind. Dafür ist die Vorbereitungszeit deutlich intensiver und verkürzt.

Individualrepetitorium

Bei einem Einzelrepetitorium ist der riesige Vorteil, dass der einzelne Studierende im Mittelpunkt steht. Der Repetitor kommt in den meisten Fällen an den Ort, an welchem der Examenskandidat seine Vorbereitung vornehmen will. In den großen Universitätsstadten wie Frankfurt am Main, Köln, Würzburg, Münster, Düsseldorf und Tübingen wird der Einzelunterricht natürlich auch angeboten.

Der Repetitor entwickelt dann speziell für den Einzelnen einen Lernplan und stellt ihm Materialien zur Verfügung. Weiterhin arbeitet der Repetitor gezielt mit dem Examenskandidaten an den Problemstellungen des Examens. Dabei geht er auf die Schwächen und Stärken des Einzelnen ein. Der Einzelne ist so gezwungen mitzuarbeiten und mitzudenken. Die Folge ist, dass schneller und mit weniger Lernaufwand die juristische Schwerpunkte verinnerlicht werden und sich dadurch die Vorbereitungszeit auf das Examen erheblich verkürzt.

Einziger Nachteil sind auch hier die höheren Kosten, aber der  Vorbeitszeitraum ist bei dieser Art von Repetitorium intensiver und deutlich verkürzt.

Erfolge

Gerade das Einzelrepetitorium und das Kleingrupperepetitorium sind vielversprechend. Die Durchfallquoten der Personen, die eines dieser Repetitorien besucht, liegt im niedrigen einstelligen Bereich. Vielmehr erreichen diese Leute in den Examen und Klausuren Spitzenleistungen, obwohl sie vor dem Examen durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Leistungen erzielt haben.

Problem bei den großen Gruppenrepetitorien ist es, dass der Einzelne untergeht und daher auch die Durchfallquoten etwas höher sind, aber immer noch deutlich niedriger als bei Personen, die kein Repetitorium besuchen. Inwieweit der eigene Lerntyp für die Auswahl der richtigen Art des Repetitoriums eine Rolle spielt, siehe gesonderten Artikel.

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Anmerkungen

Besuchen Sie auch unsere übrigen, auf das Thema bezogenen Artikel in den Rubriken juristische Ausbildung und Examensvorbereitung.

siehe auch: Jura-Studium – Universität Trier; Jura-Studium- Universität Bayreuth

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