Zivilstation im Referendariat

Ablauf der Zivilstation; Information über die Regelarbeitsgemeinschaft und die Arbeit beim Richter; Wie lerne ich am Besten?

Datum
Rechtsgebiet Rechtsreferendariat
Ø Lesezeit 10 Minuten
Foto: Andreas Wienemann/Shutterstock.com

In den meisten Bundesländern beginnt das Referendariat mit der Zivilstation. Der größte Teil der neuen Referendare kommt direkt vom Studium und hatte nur wenig Zeit sich über den Ablauf des Referendariats zu erkundigen. Daher fehlt bei vielen das Wissen, was sie im Referendariat erwartet und wie die ersten Monate von statten gehen.

Dieser Artikel soll daher einen Überblick geben, was auf die neuen Referendare in den ersten Monaten zukommt. Ferner zeigt der Beitrag auf, welche Erwartungen in der Zivilstation an den Einzelnen gerichtet werden.

Allgemeines

Grundlegend ist einmal festzustellen, dass das Referendariat in der Zivilstation zweigeteilt ist. Zum einen gibt es eine Regelarbeitsgemeinschaft. Diese ist wie eine Lehrveranstaltung angelegt. Man besucht sie zusammen mit anderen Referendaren, die zum gleichen Zeitpunkt begonnen haben. Der andere, zeitgleich stattfindende Ausbildungsteil ist die Arbeit bei einem Zivilrichter. Der Referendar wird hier einem Richter zugeteilt, bei welchem er die Praxis besser kennenlernen soll.

Einführungsveranstaltung

Am Anfang des Referendariats, also zu Beginn der Zivilstation, gibt es wie bei jeder weiteren Station zunächst eine  Einführungsveranstaltung. In dieser ca. zweiwöchigen Einführungsveranstaltung geht man prozessuale Grundlagen durch und lernt, wie Schriftsätze, Urteile und Beschlüsse formal ausgestaltet sind. Dies soll dazu dienen, dass der Referendar nicht völlig unvorbereitet zu seinem ausbildenden Richter kommt.

Am ersten Tag des Einführungslehrgangs erläutern regelmäßig die zuständigen Verwaltungsmitarbeiter des Gerichts formale Dinge sowie den gesamten Ablauf des Referendariats. Erst am zweiten Tag beginnt dann die Einführung in das Zivilprozessrecht .

Nach Ende der zweiwöchigen Einführungsveranstaltung wird der Referendar dann seinem ausbildenden Richter zugeordnet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erfährt man auch, an welchem Tag die wöchentliche Regelarbeitsgemeinschaft von nun an stattfindet.

Die Regelarbeitsgemeinschaft

Die Regelarbeitsgemeinschaft verfolgt den selben Zweck wie die zweiwöchige Einführungsveranstaltung. Sie soll den Referendaren wichtige prozessuale Grundlagen vermitteln. Meist leitet die Regelarbeitsgemeinschaft die selbe Person (regelmäßig ein Richter), die auch die Einführungsveranstaltung abgehalten hat.

In der Regelarbeitsgemeinschaft werden zusammen maximal 20 Referendare ausgebildet. Je nach Ausbildungsort können es deutlich weniger als 20 Referendare sein, sodass mehrere Gruppen gebildet werden. Es gibt auch Ausbildungsgerichte, die bei einem Durchgang weniger als fünf Referendare haben. Dies kann für die Referendare den Vorteil haben, dass sie besser in die Veranstaltung einbezogen werden und daher in der Regelarbeitsgemeinschaft ggf. auch mehr lernen können.

Inhalte der Regelarbeitsgemeinschaft

In der zivilrechtlichen Station liegt der Fokus im Zivilprozessrecht, sodass die folgenden Problematiken ausführlichst durchgesprochen werden:

Bearbeitungstechniken

Weiterhin werden neben den zivilprozessualen Besonderheiten ebenso wichtige Bearbeitungstechniken, die für die Zivilstation unerlässlich sind, durchgesprochen.

Klausuren und Aktenvorträge

Während der gesamten Ausbildung in der Regelarbeitsgemeinschaft übt man das Schreiben von Klausuren und das Halten von Aktenvorträgen. Die Klausuren sind so aufgebaut, dass jeder als Sachverhalt eine gekürzte Akte erhält, die einen Seitenumfang von circa 8 bis 15 Seiten hat. Dieser Sachverhalt ist sodann zu bearbeiten. Auf Grundlage des Sachverhaltes soll innerhalb von 5 Stunden ein Urteil (Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe) oder ein Beschluss gefertigt werden.

Der Aktenvortrag ist hingegen ein mündlicher Vortrag, der ungefähr 10 Minuten dauern soll. Auch hier bekommt man eine kurze Akte, aber nur eine Stunde zur Vorbereitung. In dieser einen Stunde Vorbereitungszeit ist für den Aktenvortrag eine Zusammenfassung des Sachverhalts zu erstellen, eine rechtliche Würdigung vorzunehmen und ein Schlussergebnis zu formulieren.

Bei den Klausuren und Aktenvorträgen ist zu beachten, dass in kleineren Gruppen tendenziell öfter Klausuren geschrieben und Aktenvorträge gehalten werden können. Dies hat einen großen Vorteil für das Examen. Denn je öfter man einen Aktenvortrag hält oder eine Klausur schreibt, desto sicherer wird der Einzelne bei der Bearbeitung der jeweiligen Problematik. Deshalb kann es gerade unter diesem Aspekt sehr ratsam sein, zu schauen, an welchen Gerichten nicht so große Gruppen für das Referendariat gebildet werden.

Erfahrungsaustausch

Die Regelarbeitsgemeinschaft soll nicht nur den eben aufgezeigten Stoff näher bringen. Sie soll auch dazu dienen, dass die Referendare ihre Erfahrungen und Probleme, die sie während der praktischen Ausbildung bei ihrem zugeteilten Zivilrichter haben, miteinander teilen. Dieser Austausch zwischen den Referendaren kann für den Einzelnen sehr hilfreich sein. Denn hierdurch gelingt es ggf. Fehler bei der eigenen praktischen Arbeit zu vermeiden.

Die Arbeit beim Richter

Nachdem man die Einführung absolviert, wird man, wie bereits erläutert, einem Zivilrichter am Land- oder Amtsgericht zugeordnet. Dieser Richter soll dem Referendar den praktischen Alltag der Zivilgerichtsbarkeit nahebringen.

Zu Beginn der Zivilstation bei Gericht teilt der Richter dem Referendar zunächst seine Sitzungstage mit und lässt ihn wissen, ob er an einem oder mehreren Sitzungstagen anwesend sein soll. Ist dies geklärt, wird der weitere Ablauf abgestimmt. Die meisten Richter geben immer eine Wochenaufgabe. Das heißt, der Referendar bekommt eine Akte und muss diese bearbeiten. Außerdem wird es bei den meisten ausbildenden Richtern so gehandhabt, dass der Referendar spätestens einen Tag vor dem Sitzungstag die Akten für den kommenden Sitzungstag anschaut. Einige Richter sprechen sodann (idealerweise) die Akte für den nächsten Verhandlungstag im Anschluss an das Aktenstudium mit dem Referendar durch. Andere hingegen verzichten aus Zeitgründen darauf.

Aufgabenstellungen beim Aktenstudium

Bei der Bearbeitung der Akten gibt es verschiedene Aufgabenstellungen. Eine Aufgabenstellung besteht beispielsweise darin, den nächsten Schritt des Verfahrens durch das Studium der Akte herauszubekommen. Dabei kann man zu dem Ergebnis kommen, dass die Akte entscheidungsreif ist und man folglich ein Urteil mit Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründen schreiben muss. Kommt man hingegen zu der Auffassung, dass noch Beweise erhoben oder Hinweise erteilt werden müssen, so ist ein Sachbericht, ein Gutachten und schließlich ein Beschluss zu fertigen.

Eine weitere Aufgabenstellung besteht darin, dass eine Güteverhandlung oder Zeugenvernehmung vorzubereiten ist. Auch dafür muss man die Akte gründlich studieren . Bei der Vorbereitung einer Güteverhandlung ist es wichtig, dass man die Problematik des Sachverhaltes darstellt und sodann eine rechtliche Würdigung zum derzeitigen rechtlichen Stand vornimmt. Soll hingegen eine Beweisaufnahme durchgeführt werden, muss ebenfalls der Akteninhalt sorgsam betrachtet werden. Wichtig ist hierbei aber, dass man sich den Beweisbeschluss des Richters, zu welchem der Zeuge oder Sachverständige geladen worden ist, genau durchliest. Es gilt hier sodann eine Strategie zu entwickeln, wie man die Verhandlung leitet und welche Fragen man bei der Vernehmung bzw. Anhörung stellt.

Relation am Ende der Station

Während der praktischen Ausbildung müssen daher verschiedene Urteile, Sachberichte, Gutachten und Beschlüsse erstellt sowie Aktenvorträge gehalten werden. Am Ende der Station ist dann eine Relation zu fertigen. Dazu teilt einem der Richter eine anspruchsvolle Akte zu und man muss dazu einen Sachbericht, ein Gutachten und ein Endergebnis, also ein Urteil oder einen Beschluss, formulieren.

Bewertung

Der Richter bewertet die einzelnen Arbeiten des Referendars jeweils. Am Ende des Referendariats bekommt man dann eine Gesamtbewertung.

Der Referendar soll durch die Teilnahme an den Sitzungen, ferner durch das Studium und die Bearbeitung der Akten den Ablauf der Zivilgerichtsbarkeit verstehen. Darüber hinaus soll er durch das Schreiben von Urteilen und die Anwendung des Zivilprozessrechtes eine gute Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen erhalten.

Lernplan

Am Anfang der Zivilstation sollte sich jeder Referendar sein Arbeitspensum einteilen, um die Station gut absolvieren zu können. Bei der Aufstellung eines Lernplanes sollte man berücksichtigen, an welchem Tag die Regelarbeitsgemeinschaft stattfindet und an welchem Tag bzw. an welchen Tagen man bei Gericht ist (Sitzungstag). Hat man diese Tage ermittelt, so sieht man, an welchen Tagen man Zeit für die Bearbeitung der wöchentlichen Akte hat und wann Zeit für das Lernen zivilprozessualer Problemstellungen ist.

Für die Bearbeitung der wöchentlichen Akte sollte der Referendar zwei bis drei Tage einplanen. Zu Beginn der Station eher drei Tage, weil viele Formalien noch erarbeitet werden müssen.

Unterschiedliche Qualität der Ausbildung

Wieviel Zeit man sich nimmt, um materielles und prozessuales Zivilrecht zu lernen, kommt auf den Lerntyp an und auf die ausbildenden Richter. Letztere nehmen sich für die Ausbildung der Referendare sehr unterschiedlich Zeit. Einige Richter erklären viel und wiederholen auch bereits Besprochenes, sodass der Referendar nur wenig nacharbeiten muss. Es gibt aber auch Richter, die nicht die Zeit haben, sich intensiv um ihren Referendar zu kümmern. Hier wird also eine große Eigeninitiative des Referendars verlangt.

Auch die Regelarbeitsgemeinschaft kann selbstverständlich unterschiedlich durch den Ausbilder gestaltet werden. Der eine hält einen intensiveren Kurs. Der andere behandelt nur oberflächlich die jeweilige Materie.

Je nachdem muss man für das Lernen des Zivilrechts einen halben Tag bis zwei Tage einplanen. Jedem Referendar ist es dabei anzuraten, die Regelarbeitsgemeinschaft sowohl vor- als auch nachzubereiten. Denn auf diese Weise kann man zum einen gut mitarbeiten. Und zum anderen häuft man keine Wissenslücken an.

Insgesamt sollte jeder Referendar aber daran denken, dass ihm mindestens ein Tag in der Woche zur Erholung bleibt. Denn man darf die Gefahr von Überarbeitung und schlimmstenfalls einem Burnout im Referendariat nicht unterschätzen.

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Probleme in der Zivilstation

Viele Referendare sind gerade am Anfang des Referendariats mit der Gesamtsituation überfordert. Da ist zum einen die Regelarbeitsgemeinschaft, an der man gut vorbereitet teilnehmen will und bei der man regelmäßig Klausuren schreiben sowie Aktenvorträge halten muss. Eine gute Vorbereitung ist daher unerlässlich. Hinzu kommt aber auch noch, dass neben der Vorbereitung auf die Arbeitsgemeinschaft der ausbildende Richter jede Woche die Ablieferung eines Urteils oder eines Gutachten/Sachberichtes erwartet und die Vorbereitung des Sitzungstages durch ein ausführliches Aktenstudium voraussetzt.

Wenn man merkt, dass es Defizite gibt und man die verlangte Arbeit nicht schafft, ist es wichtig, bereits zu Beginn der Zivilstation Hilfe zu suchen. Zwar hören sich vier Monate nach einem sehr langen Zeitraum an. Aber man wird bald sehen, dass die Zeit schnell verfliegt und durch die hohen Anforderungen sehr schnell wichtiger Stoff liegen bleibt. Gute Ausbildungssysteme und Lernpläne für das Referendariat bieten dabei Repetitoren an. Die Einzelrepetitoren stellen individuell auf den einzelnen Referendar zugeschnitten ein Ausbildungssystem beziehungsweise einen Lernplan zusammen. Sie unterstützen ihn sodann bei der praktischen Ausbildung, sodass er die erste Station wie auch das gesamte Referendariat ohne Probleme mit guten Leistungen absolvieren kann. Insbesondere achten Repetitoren idealerweise darauf, dass keine Lücken in der einzelnen Station zurückbleiben, die möglicherweise dann im zweiten Examen zu verheerenden Folgen führen könnten.

Anmerkungen

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