Anspruchsgrundlagen im Deliktsrecht

Vollständige Übersicht über alle Anspruchsgrundlagen im Deliktsrecht: § 823 I BGB - § 852 BGB. Tatbestandsmerkmale: Verletzungshandlung, Rechtsgutverletzung

Datum
Rechtsgebiet Gesetzliche Schuldverhältnisse
Ø Lesezeit 25 Minuten
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Das Deliktsrecht, richtiger Recht der unerlaubten Handlungen, ist in den §§ 823 bis 852 BGB geregelt. Es dient hauptsächlich der Begründung von Schadensersatzansprüchen in Fällen, bei denen zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis besteht. Im Gegenteil entsteht bei Erfüllung eines der Tatbestände des Deliktsrechts kraft Gesetzes ein Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten, ein sogenanntes gesetzliches Schuldverhältnis.

A. Die Anspruchsgrundlagen

I. Schadensersatzpflicht

§ 823 I BGB

§ 823 I ist die grundlegende Norm im Recht der unerlaubten Handlungen. Da es hier um Handlungen von Personen geht, die im Hinblick auf ihre Kausalität für einen Schadenseintritt untersucht werden und eine Rechtsfolge zeitigen sollen, hat der übliche Prüfungsaufbau Ähnlichkeit mit Schemata, die man eher beim Strafrecht vorfindet.

Voraussetzungen

  1. Tatbestand

a. Verletzungshandlung

b. Rechtsgutverletzung

c. (haftungsbegründende) Kausalität

  1. Rechtswidrigkeit
  2. Verschulden
  3. Schaden
  4. (haftungsausfüllende) Kausalität

Die Punkte 1-3 werden als haftungsbegründender Tatbestand bezeichnet, die Punkte 4 und 5 dagegen als haftungsausfüllender Tatbestand: ersterer entscheidet über das Bestehen eines Haftungstatbestandes, letzterer über den Umfang.

Im Folgenden nun einige Erläuterungen zu den Prüfungsschritten:

1. Tatbestand

a. Verletzungshandlung

Als Verletzungshandlung wird jedes vom Willen beherrschbare menschliche Verhalten angesehen, gleich ob durch Handeln oder Unterlassen. Lediglich unbewußte Handlungen, die vom Verstand nicht kontrolliert werden (etwa Reflexe), scheiden aus.

Ein Unterlassen ist jedoch nur dann beachtlich, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Diese kann sich aus Gesetz, Vertrag oder einem vorangegangenen Tun ergeben, das zum Handeln verpflichtet hätte (Ingerenz). Ein vorangegangenes Verhalten verpflichtet besonders dann zum Handeln, wenn dabei allgemeine Verkehrspflichten verletzt wurden. Solche bestehen, wenn durch die Person eine Gefahrenquelle geschaffen oder unterhalten wird und sie somit verpflichtet ist, alle Vorkehrungen zur Vermeidung von Schäden bei dritten Personen zu treffen.

b. Rechtsgutverletzung

Eine der in § 823 I BGB genannten Rechtspositionen muss verletzt sein.

  • Leben: Hier ist die Tötung eines Menschen gemeint.
  • Körper: Jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Die genaue Definition, eine üble unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden in nicht ganz unerheblicher Weise beeinträchtigt, gleicht jener der Körperverletzung im Strafrecht.
  • Gesundheit: Sie ist verletzt, wenn die inneren Lebensvorgänge gestört werden. Dabei ist der Übergang zur Verletzung des Körpers fließend, oftmals bestehen sie nebeneinander.
  • Freiheit: Sie ist verletzt bei jeder Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit. Umstritten ist hingegen, ob auch die Freiheit zur Willensbetätigung geschützt werden soll.
  • Eigentum: Das Eigentum ist verletzt, wenn der Eigentümer einer Sache in der Ausübung seines Eigentumsrechtes, wie es sich aus § 903 BGB ergibt, beeinträchtigt wird. Dazu zählen Substanzbeschädigungen (Beschädigung oder Zerstörung, aber auch oberflächliche Verunstaltung), Behinderung des Gebrauchs und der Entzug der Sache sowie Beeinträchtigungen der Rechtsstellung des Eigentümers (Verfügung über die Sache oder Rechte daran). Zu beachten ist jedoch, dass der Eigentümer aufgrund anderer Vorschriften verpflichtet sein kann, die Beeinträchtigung zu dulden. Ein weiterer Ausschlussgrund kann das Vorliegen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses sein, wenn der Störer Besitzer ist.
  • Sonstiges Recht: Diese Beinahe-Generalklausel umfasst alle sonstigen relevanten Rechte, deren Beeinträchtigung den Tatbestand des § 823 I BGB erfüllen kann. Gemeint sind damit absolute, d.h. dingliche Rechte, die wie das Eigentum gegenüber jedermann gelten. Dies können z.B. Hypotheken, Grundschulden, Pfandrechte usw. sein, aber auch immaterielle Rechte wie Waren- oder Markenzeichen, Gebrauchsmuster, Patent- oder Urheberrechte. Das Vermögen als solches stellt dagegen unstreitig kein sonstiges Recht dar. Wichtige Einzelfälle sind das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht.
  • Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Von diesem durch die Rechtsprechung entwickelten Institut wird vor allem die persönliche Ehre geschützt, wobei im Gegensatz zu einer möglichen Abgeltung solcher Verletzungen über § 823 II BGB auch fahrlässige Beeinträchtigungen abgedeckt werden. Die hauptsächlichen Fallgruppen sind:

aa. Eindringen in die Privatsphäre

Dies ist insbesondere bei heimlichen Aufnahmen in Ton und Bild gegeben, wobei eine umfassende Abwägung zwischen den gegenseitigen Interessen vorzunehmen ist.

bb. Weitergabe von Angelegenheiten fremder Privatsphäre

Hierunter fällt z.B. die Veröffentlichung von privaten Aufzeichnungen oder die Verwendung von Namen oder Bildern.

cc. Verletzung der Ehre

Hierunter fallen ehrverletzende Äußerungen und Darstellungen.

  • Familienrechte: Ein weiterer Bestandteil der sonstigen Rechte sind solche der Familie, wobei die elterliche Gewalt unstreitig als geschützt gilt, der Schutz der ehelichen Gemeinschaft dagegen bereits umstritten ist. Kosten, welche durch die Auflösung einer Ehe entstehen, sollen nach dem Willen der Mehrheit des Schrifttums ersatzfähig sein, wenn diese Auflösung ihren Ursprung in einer dritten Person als „Ehestörer“ hat.
  • Besitz: Umstritten ist, in welcher Weise der Besitz als sonstiges Recht durch § 823 I BGB geschützt wird. Dabei geht es lediglich darum, ob nur der berechtigte unmittelbare Besitz oder auch der unberechtigte unmittelbare Besitz geschützt werden soll. Unstrittig ist dagegen, dass auch der mittelbare Besitzer in den Genuss des Schutzes der Vorschrift kommen soll. Das gilt jedoch nicht im Verhältnis zum unmittelbaren Besitzer, da die schuldrechtliche Beziehung zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Besitzer als Schutz genügt.
  • Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb: Dieses sonstige Recht schützt den gesamten Geschäftsbetrieb, vor allem aber den Kundenstamm und die Geschäftsbeziehungen. Nicht geschützt sind dagegen Schäden am sachlichen Bestand, die unter allgemeine Beschädigungen des Besitzes oder des Eigentums fallen.

Der Anspruch aus diesem Recht ist in der Rechtsprechung nach wie vor nicht ganz unumstritten, wird aber unter folgenden Voraussetzungen meist anerkannt:

aa. Keine andere Anspruchsgrundlage für Schadensersatz

bb. Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb

Der Betrieb muss auf Dauer eingerichtet und auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein; freiberufliche, wissenschaftliche oder künstlerische Betätigungen sollen nicht darunter fallen.

cc. Eingriff unmittelbar gegen den gewerblichen Tätigkeitskreis

Dazu zählen insbesondere der Kundenstamm, Warenbezeichnungen, Geschäftsbeziehungen, Außenstände u.ä. Der Schutz gilt jedoch nur gegen unmittelbare Eingriffe, um eine ungebührliche Ausweitung zu vermeiden. Als unmittelbarer Eingriff gilt gewöhnlich ein Eingriff, der betriebsbezogen ist.

c. Kausalität (haftungsbegründende)

Das verletzende Verhalten muss kausal für die Rechtsgutsverletzung gewesen sein. Hierbei wird – im Unterschied zum Strafrecht – die für das Zivilrecht einschlägige Adäquanztheorie neben der Äquivalenztheorie angewandt. Adäquat kausal ist ein Verhalten dann, wenn es nicht nur unter höchst ungewöhnlichen, selbst für den optimalen Beobachter nicht vorhersehbaren Umständen geeignet ist, den missbilligten Erfolg herbeizuführen, also nicht außerhalb der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit liegt. Weiteres wichtiges Zurechnungskriterium ist der Schutzzweck der Norm. Dabei muss geprüft werden, ob sich in der konkreten Rechtsgutsverletzung gerade die Gefahr realisiert hat, vor der die verletzte Verhaltenspflicht schützen sollte.

2. Rechtswidrigkeit

Weiterhin muss das verletzende Verhalten rechtswidrig gewesen sein. Wie auch im Strafrecht ist die Rechtswidrigkeit in aller Regel indiziert und ist nur dann ausgeschlossen, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorlag.

Zu den Rechtfertigungsgründen zählen: Notwehr (§ 227 BGB), defensiver Notstand (§ 228 BGB), Selbsthilferecht (§ 229 BGB), Besitzkehr (§ 859 II, III BGB), Besitzwehr (§ 859 I BGB), aggressiver Notstand (§ 904 BGB) und die im StGB enthaltenen Rechtfertigungsgründe.

Eine Ausnahme bilden Verletzungen einiger sonstiger Rechte, des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechtes am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Hier wird es wegen der vielen möglichen Beeinträchtigungen aus prinzipiell erlaubten Verhaltensweisen für angemessen erachtet, die Rechtswidrigkeit im Einzelfall positiv festzustellen. Dazu sollen die widerstreitenden Interessen, Rechte und Pflichten gegeneinander abgewogen werden, zuweilen wird auch der Gedanke der Sozialadäquanz aus dem Strafrecht herangezogen, der einen beachtenswerten Verstoß dann annimmt, falls ein schädigendes Verhalten aus dem Kanon der Regeln eines geordneten wirtschaftlichen oder gemeinschaftlichen Zusammenlebens herausfällt.

3. Verschulden

Eine Haftung aus § 823 I BGB setzt ein Verschulden voraus. Hier ergeben sich erneut Unterschiede zum Strafrecht, denn im Zivilrecht gilt die im Strafrecht nicht mehr zur Anwendung kommende kausale Handlungslehre. Diese sieht den Vorsatz als Teil der Schuld an, weshalb erst hier danach zu fragen ist und nicht – wie im Strafrecht – schon im Tatbestand.

a. Vorsätzlich oder fahrlässig

Grundsätzlich genügt zum Verschulden nach § 276 I BGB jede Form von Vorsatz und Fahrlässigkeit aus.

Fahrlässig handelt nach § 276 II BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Für § 823 I BGB genügt dabei jede Form der Fahrlässigkeit, so dass auch die geringste Pflichtverletzung haftungsbegründend wirkt.

Für den Vorsatz gelten die im Strafrecht geltenden Maßgaben. Vorsätzlich handelt demnach auch hier, wer mit Wissen und Wollen das tatbestandliche Unrecht verwirklicht. Ein näheres Eingehen auf die Formen des Vorsatzes ist dank der niedrigen Hürden für ein Verschulden (jede Fahrlässigkeit genügt) meist nicht erforderlich.

b. Schuldhaft

Das Verschulden muss sich auf die Verletzungshandlung selbst, die Verletzung des Rechtsgutes und die haftungsbegründende Kausalität erstrecken, für den Schaden selbst ist es jedoch nicht erforderlich.

c. Unrechtsbewusstsein

Der Verletzer muss sich des Umstandes bewusst gewesen sein, dass er sich rechtswidrig verhalten hat.

d. Verschuldensfähigkeit

Zu guter Letzt muss der Verletzer verschuldensfähig gewesen sein. Dies wird in den §§ 827, 828 BGB geregelt und hat Ähnlichkeit mit den Regelungen der Geschäftsfähigkeit im Allgemeinen Teil des BGB.

Verschuldensunfähig sind Personen, die zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder sich im Zustand der Bewusstlosigkeit bzw. einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befanden. Etwas anderes gilt jedoch, falls sie diesen Zustand selbst herbeigeführt haben (§ 827 S. 2 BGB).

Nach § 828 II BGB sind Personen, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für bestimmte Unfallschäden nicht verantwortlich, sofern diese nicht vorsätzlich herbeigeführt wurden.

Beschränkt verschuldensfähig sind Personen, die das siebte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und die somit auch beschränkt geschäftsfähig sind. Für ein Verschulden muss die dafür erforderliche Einsichtsfähigkeit vorhanden sein.

4. Schadenseintritt

Für die Begründung eines Schadensersatzanspruches muss natürlich auch ein Schaden entstanden sein. Als solcher gilt jede Beeinträchtigung einer vermögenswerten Rechtsposition. Im Unterschied zur Rechtsgutverletzung wird hier also ausdrücklich auch das Vermögen als Ganzes geschützt.

5. Kausalität (haftungsausfüllende)

Die haftungsausfüllende Kausalität ist der kausale Zusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und Schaden, wobei auch hier die Äquivalenztheorie, die Adäquanztheorie und der Schutzzweck der Norm zum Einsatz kommen. Die Rechtsgutverletzung muss somit äquivalent und adäquat kausal für den Schadenseintritt gewesen sein. Der Schädiger haftet nicht für solche Schäden, die nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst sind.

6. Rechtsfolge

Die Rechtsfolge des § 823 I BGB ist der Anspruch auf Schadensersatz des Geschädigten gegen den Schädiger. Diese sehr komplexe Materie (§§ 249 ff. BGB) soll Gegenstand eines gesonderten Artikels sein.

II. Schadensersatzpflicht wegen Verstoß gegen ein Schutzgesetz

§ 823 II BGB

Der zweite Absatz des § 823 BGB erweitert den Kreis der durch unerlaubte Handlungen abgedeckten Schäden noch einmal. Im Unterschied zum ersten Absatz werden durch Schutzgesetze oftmals auch Rechtspositionen geschützt, die keine absolut gültigen oder sonstigen Rechte im Sinne des § 823 I BGB sind.

Voraussetzungen

1. Schutzgesetz

Als Schutzgesetz gilt jede Rechtsnorm, die dem Schutz der Interessen eines anderen dienen soll, also nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen und Satzungen. Dabei handelt es sich vor allem um Strafvorschriften. Es kommen jedoch auch entsprechend wirkende Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten in Betracht. Die entsprechende Norm muss jedoch zumindest auch den Schutz einer anderen Person bezwecken. Ein Schutzgesetz zugunsten des Staates oder der Allgemeinheit reicht nicht aus, auch dann nicht, wenn es mittelbar zugunsten einzelner Personen wirkt.

2. Verstoß gegen dieses Schutzgesetz

Der Verstoß gegen das Schutzgesetz muss hier inzident geprüft werden. Das für die entsprechende Vorschrift geltende Prüfungsschema ist einzuhalten.

3. Rechtswidrigkeit

Bei vielen Vorschriften wird die Rechtswidrigkeit bereits inzident geprüft, ansonsten gelten die Ausführungen zum § 823 I BGB.

4. Verschulden

Die Anforderungen für ein Verschulden richten sich grundsätzlich nach denen des verletzten Schutzgesetzes. Doch Vorsicht: während für die Verwirklichung des § 823 II BGB grundsätzlich Fahrlässigkeit oder Vorsatz ausreichen, hat dies keinen Einfluss auf die Verschuldensform des Schutzgesetzes. Falls für seine Verletzung Vorsatz erforderlich ist, dann muss es auch vorsätzlich verletzt worden sein. Setzt die Verwirklichung der Schutzvorschrift dagegen kein Verschulden voraus, so muss wenigstens Fahrlässigkeit vorliegen. Das Verschulden des § 823 II BGB muss sich lediglich auf die Verletzung des Schutzgesetzes erstrecken, nicht aber auf den Schadenseintritt und die Kausalität.

5. Schadenseintritt

Es genügt wie bei § 823 I BGB jede Beeinträchtigung vermögenswerter Interessen.

6. Kausalität des Verstoßes für den Schadenseintritt

Grundsätzlich gilt auch hier das zu § 823 I BGB Ausgeführte. Es gilt es jedoch besonders darauf zu achten, ob der angerichtete Schaden auch in den Schutzbereich der verletzten Norm fällt. Zu diesem Zweck muss der Schutzzweck der Norm ermittelt werden, wobei zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Schutzbereich unterschieden wird. Ersterer bestimmt den geschützten Personenkreis, letzterer die Gefahren, vor denen Schutz gewährt werden soll.

III. Bestimmung zu sexuellen Handlungen

§ 825 BGB

Diese Vorschrift schützt die sexuelle Selbstbestimmung. Es ergeben sich hier kaum Unterschiede zu den sonstigen Vorschriften aus unerlaubter Handlung, jedoch ist gemäß § 253 II BGB auch der immaterielle Schaden ersatzfähig.

IV. Kreditgefährdung

§ 824 BGB

Diese Spezialvorschrift schützt die Kreditwürdigkeit.

Voraussetzungen

1. Behauptung oder Verbreitung einer Tatsache

Problematisch ist oft die Abgrenzung zum Werturteil, wobei Tatsachen im Gegensatz zum Werturteil grundsätzlich Gegenstand eines Wahrheitsbeweises sein können.

2. Unwahrheit derselben

Unwahr ist eine Tatsache, die nicht erweislich wahr ist.

3. objektive Eignung zur Herbeiführung von Nachteilen

4. muss den Geschädigten oder seine gewerbliche Tätigkeit betreffen

5. Kausalität zwischen Äußerung und Schaden

6. Verschulden

Es genügt jegliches Verschulden, auch Fahrlässigkeit reicht aus.

7. Kausaler Schaden

Zu beachten ist hier der spezielle Rechtfertigungsgrund des § 824 II BGB, der Ähnlichkeit mit § 193 StGB hat. Anders als bei der Strafvorschrift reicht es hier für ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung bereits aus, wenn der Empfänger ebenfalls derartige Interessen hat. Es muss eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall vorgenommen werden, wobei insbesondere die Rechte auf Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung gebührend berücksichtigt werden müssen.

Rechtsfolge

Es muss Schadensersatz nach §§ 249 ff BGB geleistet werden, wozu sowohl der Widerruf der schädigenden Äußerung als auch – bei Eintritt eines Vermögensschadens – der Wertersatz in Geld zählen.

V. Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung

§ 826 BGB

Diese Spezialvorschrift kommt nur in Frage, wenn der Schädiger vorsätzlich und in gegen die guten Sitten verstoßender Weise handelt.

Voraussetzungen

1. Schädigendes Verhalten

2. Sittenwidrigkeit

Eine Sittenwidrigkeit soll dann gegeben sein, wenn „ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ vorliegt. Dieser sehr schwammige Begriff bedarf der weiteren Ausfüllung, insbesondere in einer immer stärker fragmentierten Gesellschaft. Es kann Ausnahmen von diesem Prinzip geben, wenn es um Verhaltensweisen geht, die nur einen bestimmten Personenkreis betreffen. Die Sittenwidrigkeit kann sich jedoch stets auch aus dem angewandten Mittel, dem angestrebten Zweck oder aus der Kombination der beiden ergeben. Grob werden mehrere Fallgruppen unterschieden:

a. Arglistiges Verhalten

b. Verleiten zum Vertragsbruch

c. Erteilen wissentlich falscher Auskünfte

d. Ausnutzen wirtschaftlicher Machtstellungen

3. Schaden

4. Kausalität

5. Verschulden (Vorsatz)

Jede Vorsatzform reicht aus, die Rechtswidrigkeit ist gewöhnlich indiziert.

VI. Haftung für den Verrichtungsgehilfen

§ 831 BGB

Im Gegensatz zu den vorhergehenden Vorschriften für tatsächliches Verschulden regeln die §§ 831 ff. BGB die Haftung für ein vermutetes Verschulden. Ein weiterer grundlegender Unterschied besteht darin, dass bei § 831 BGB dem Anspruchsgegner fremdes Verschulden zugerechnet wird.

Voraussetzungen

1. Verrichtungsgehilfe

Ein Verrichtungsgehilfe ist eine Person, die „vom Geschäftsherrn eine Tätigkeit in dessen Interesse übertragen bekam und von diesem in einer gewissen Abhängigkeit steht“. Ein Teil des Schrifttums verlangt außerdem eine Weisungsgebundenheit des Verrichtungsgehilfen. Erforderlich ist jedenfalls, dass der Geschäftsherr das Verhalten des Handelnden jederzeit untersagen, einschränken oder sonst seiner Art nach beeinflussen kann.

2. Tatbestand der §§ 823 ff BGB erfüllt

Es muss der objektive Tatbestand einer Vorschrift der §§ 823 ff BGB durch den Verrichtungsgehilfen erfüllt worden sein, auch Rechtswidrigkeit ist erforderlich, nicht aber Verschulden.

3. Schaden in Ausführung der Verrichtung zugefügt

Der Schaden muss tatsächlich bei Ausführung der Verrichtung entstanden sein, ein Schadenseintritt aus anderem Grunde (z.B. in der Pause) bleibt außen vor.

4. Keine Entlastung des Geschäftsherren

Eine Entlastung (oder Exkulpation) nach § 831 I 2 BGB kann nur stattfinden, wenn der Geschäftsherr nachweist, dass er den Verrichtungsgehilfen hinreichend sorgfältig überwacht und ausgewählt hat. Diese Anforderungen sind je nach der potentiellen Gefährlichkeit der Verrichtung verschieden, und der Geschäftsherr muss daher entweder das eine oder das andere nachweisen.

VII. Haftung für Aufsichtsbedürftige

§ 832 BGB

Diese Vorschrift ist dem § 831 BGB sehr ähnlich.

Voraussetzungen

1. Schadenszufügung durch Aufsichtsbedürftigen

Dies sind meist Minderjährige.

2. Tatbestand der §§ 823 ff BGB durch den Aufsichtsbedürftigen erfüllt

S.o., der Tatbestand muss objektiv und rechtswidrig erfüllt sein.

3. Anspruchsgegner ist aufsichtspflichtig

4. Kein Ausschluss nach § 832 I 2 BGB

Die Entlastung des § 832 I 2 BGB ist praktisch identisch mit der des § 831 I 2 BGB.

VIII. Haftung für Tierschäden

§§ 833, 834 BGB

Die Haftung für Tierschäden ist in drei Tatbestände gegliedert:

1. Vermutete Verschuldenshaftung des Tierhalters für Nutztiere (§ 833 S. 2 BGB)

2. Vermutete Verschuldenshaftung des Tierhüters (§ 834 BGB)

3. Gefährdungshaftung des Tierhalters für Luxustiere (§ 833 S. 1 BGB)

Voraussetzungen für vermutete Gefährdungshaftung

a. Schadensverursachung durch ein Tier

Dafür ist es erforderlich, dass der Schaden gerade durch die besondere Gefahr verursacht wurde, die mit der tierischen Natur einhergeht („spezifische Tiergefahr“). Dies gilt auch dann, wenn das Tier nur auf äußere Reize reagiert, nicht aber, wenn das Tier als Werkzeug gebraucht wird, z.B. als Jagdhund.

b. Anspruchsgegner ist Tierhalter

Tierhalter ist, wer nicht nur vorübergehend in eigenem Interesse ein Tier verwendet. Der Halter muss nicht Eigentümer sein und er braucht auch nicht geschäftsfähig zu sein. Geschäftsfähigkeit ist jedoch erforderlich für die Begründung der Haltereigenschaft. Ein Tierhüter ist, wer sich vertraglich verpflichtet hat, über ein Tier Aufsicht zu führen.

c. Kein Haftungsausschluss

Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung nach § 833 S. 2 BGB kann erfolgen, wenn das betreffende Tier ein Haustier ist, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Halters dienen soll und der Tierhalter beweist, dass er bei der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt hat walten lassen oder der Schaden auch bei ausreichender Sorgfalt entstanden wäre.

Die Haftung des Tierhüters scheidet nach § 834 S. 2 BGB aus, wenn er die Vermutung der Ursächlichkeit seines Verschuldens oder seiner Aufsichtspflichtverletzung widerlegt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein Haustier handelt.

IX. Haftung für Schäden durch Gebäude

§§ 836 ff. BGB

Diese Spezialvorschrift ist nur für Schäden durch Gebäudeeinstürze u.ä. einschlägig.

Voraussetzungen

1. Einsturz eines Gebäudes, § 836 I 1 BGB

2. Personen- oder Sachschaden

3. Einsturz durch fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung

4. In Anspruch genommene Personen gehören zum Kreis der in §§ 836 – 838 BGB Genannten

5. Kein Haftungsausschluss

Dieser kommt in Betracht, wenn die zur Abwendung der Gefahr Verpflichteten die erforderliche Sorgfalt haben walten lassen.

B. Konzepte und Strukturen

Im Deliktsrecht gelten einige Konzepte des Verschuldens und der Gefahrenübernahme, die für dieses Rechtsgebiet typisch sind und einer näheren Erläuterung bedürfen. Diese sollen kurz vorgestellt werden.

I. Organisationsverschulden

Es ergeben sich regelmäßig Probleme, wenn der Gegner eines Schadensersatzanspruches eine Organisation ist, in deren Bereich sich das schädigende Ereignis abgespielt hat. Dies gilt ganz besonders für große Körperschaften wie Konzerne und Unternehmen, aber auch für Betriebe. Einer der offensichtlichsten Bereiche ist dabei die Haftung nach § 831 BGB, die für kleine Betriebe gedacht war und bei großen Organisationen an ihre Grenzen stößt: der Inhaber einer so großen Organisation oder ihre Organe können nicht selbst überall Aufsicht führen.

Die heute weitestgehend akzeptierte Lösung des Problems ist das Konzept des Organisationsverschuldens. Dabei wird verlangt, dass die Organisationsstruktur des Unternehmens so beschaffen sein muss, dass eine ständige Kontrolle der Abläufe und Überwachung der Mitarbeiter in einem Maße gewährleistet ist, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eingehalten ist. Entscheidend ist dabei die sorgfältige Auswahl der Mittelspersonen, an welche das Führen der Aufsicht delegiert wird; man spricht hier vom sogenannten dezentralisierten Entlastungsbeweis – der Geschäftsherr ist exkulpiert, wenn er die Mittelsperson und diese ihrerseits den schädigenden Angestellten sorgfältig ausgewählt, angeleitet und überwacht hat. Falls das nicht der Fall ist, haftet der Inhaber grundsätzlich ohne die Möglichkeit einer Entlastung. Beim Organisationsverschulden kann es – wie auch bei § 831 BGB und bei der Produzentenhaftung (s.u.) – zu einer Umkehr der Beweislast kommen. Denn der Schaden ereignet sich regelmäßig in der Sphäre des Unternehmens, in dessen Innenabläufe der Geschädigte keinen Einblick hat, sodass er typischerweise in Beweisnot gerät und es gerechtfertigt erscheint, die Erbringung des Entlastungsbeweises auf Seiten des Geschäftsherrn zu fordern.

II. Verkehrssicherungspflichten

Verkehrssicherungspflichten können sowohl durch Gesetz entstehen als auch aus allgemeinen Rechtsgedanken entspringen. Sie nehmen im Recht der unerlaubten Handlungen eine zentrale Stellung ein, da bei einer Verletzung nicht nur positives Tun haftungsbegründend wirkt, sondern auch Unterlassen: dieses stellt eine Verletzung der Pflicht zum Tätigwerden dar, um den Schaden abzuwenden.

Mittlerweile sind vier Gruppen von Ereignissen anerkannt, die Verkehrssicherungspflichten begründen:

  1. Verkehrseröffnung (z.B. Straße oder Platz)
  2. Sachbeherrschung (Pflicht zum Schutz vor Gefahren, die von der beherrschten Sache ausgehen könnten)
  3. gefährlicher Beruf oder Gewerbe (Schutz vor Gefahren durch das Gewerbe)
  4. Inverkehrbringen gefährlicher Gegenstände

Verkehrssicherungspflichten sind grundsätzlich auf geeignete Aufsichtspersonen übertragbar. Für den Überträger wandelt sie sich dann in eine Aufsichtspflicht bezüglich des Empfängers, bei deren Verletzung er weiterhin haftet.

III. Produzentenhaftung

Früher war die Haftung des Produzenten von Gütern, durch die Schäden entstanden, nur über § 823 I BGB möglich. Mit der Einführung des Produkthaftungsgesetzes wurde dann eine weitere gesetzliche Grundlage geschaffen.

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1. nach ProdHaftG

Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) erfordert kein Verschulden. Der Produzent unterliegt der Gefährdungshaftung für alle von seinem Produkt ausgehenden Schäden.

Voraussetzungen einer Haftung nach § 1 ProdHaftG

a. Fehlerhaftes Produkt

Die Definition für einen Fehler findet sich in § 3 ProdHaftG. Maßgeblich ist hier nur die Sicherheit des Produktes, vor allem aus Konstruktions-, Herstellungs- und Instruktionsmängeln.

b. Anspruchsgegner ist Produzent

Der Begriff des Produzenten ist in § 4 ProdHaftG definiert. Neben dem tatsächlichen Hersteller kommen andere in ähnlicher Stellung in Betracht, z.B. ggf. der Importeur und der Lieferant.

c. Rechtsgut des Anspruchsstellers verletzt

Geschützte Rechtsgüter sind Leben, Körper und Gesundheit. Sachbeeinträchtigungen sind nur relevant, wenn sie an anderen Dingen als dem fehlerhaften Produkt entstehen. Immaterielle Schäden und Beeinträchtigungen des Vermögens sind nicht geschützt.

d. Fehler ist kausal für die Verletzung

Es muss ein adäquat kausaler Zusammenhang bestehen.

e. Kausaler Schaden

Der Schadensumfang ist in §§ 7-11 ProdHaftG geregelt. Ansprüche aus unerlaubter Handlung aus dem BGB bleiben unberührt, § 10 ProdHaftG regelt Höchstbeträge. Für Sachschäden sieht § 15 ProdHaftG eine Selbstbeteiligung von 500 € vor. Unter dieser Grenze ist eine Haftung ausgeschlossen.

f. Kein Ausschluss

Ein Ausschluss kommt – neben der Selbstbeteiligung nach § 11 ProdHaftG – aus § 1 II und III ProdHaftG in Frage. Bei Mitverschulden kommt eine Haftungsminderung nach § 6 ProdHaftG in Betracht.

2. nach § 823 I BGB

Das verletzende Verhalten kann im Inverkehrbringen oder unzureichenden Sichern der fehlerhaften Produkte liegen, meist also in einem positiven Tun oder im Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht durch Unterlassen. Dabei hängt das Ausmaß der Sicherungspflichten sehr vom jeweiligen Produkt ab.

Die Hauptfallgruppen einer deliktischen Haftung des Produzenten sind:

  • Konstruktionsfehler (mangelhafte Entwicklung, die allen Produkten anhaftet)
  • Anleitungsfehler (fehlerhafte Gebrauchsanweisung)
  • Produktionsbeobachtungsmängel (Fehler bei der Überwachung des Produktes im Alltagsgebrauch auf noch unbekannte Mängel)
  • Fabrikationsfehler (mangelhafte Herstellung)

Fabrikationsfehler sind regelmäßig nicht durch das Verschulden des Herstellers, sondern eines einzelnen Mitarbeiters entstanden, so dass lediglich eine Haftung nach § 831 BGB in Frage kommt. Da ein Entlastungsbeweis in diesem Fall meist leicht fällt, würden die Rechte des Verbrauchers stark eingeschränkt, weswegen die Beweislast in diesem Fall nach den Regeln des Organisationsverschuldens umgekehrt wird. Der Hersteller muss also beweisen, dass es auch zu dem Fabrikationsfehler gekommen wäre, wenn ein sorgfältig arbeitender Angestellter die Arbeiten ausgeführt hätte.

Daneben kommen noch Ansprüche aus § 823 II BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz und aus § 831 BGB in Frage.

IV. Gefährdungshaftung

Der zugrundeliegende Gedanke der Gefährdungshaftung besteht darin, dass jeder, der – auch mit Erlaubnis – eine gefährliche Tätigkeit ausübt oder eine gefährliche Sache beherrscht, grundsätzlich für alle damit verbundenen Gefahren und Schäden haften soll.

Das wichtigste Anwendungsgebiet der Gefährdungshaftung ist unzweifelhaft das Straßenverkehrsrecht. § 7 StVG regelt dabei die Haftung des Kraftfahrzeughalters, der für alle Schäden haftet, die entstehen, wenn beim Betrieb seines Fahrzeugs ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wurde.

Voraussetzungen des § 7 StVG

1. Anspruchsgegner ist Halter des Kfz

Halter ist, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt in Händen hält und das Fahrzeug auf eigene Rechnung gebraucht. Die rechtliche Verfügungsgewalt ist nicht entscheidend.

2. Personen- oder Sachschaden

3. Schaden bei Betrieb des Kfz

Es genügt ein einfacher Kausalzusammenhang.

4. Kein Ausschluss, keine Minderung

Ausnahmen von der Haftung des § 7 StVG sind in § 8 StVG vorgesehen. Ein Mitverschulden des Verletzten kann die Haftung mindern, wenn er ebenfalls Halter eines Fahrzeugs war und dessen Betriebsgefahr gegen sich gelten lassen muss.

Ein vollständiger Ausschluss der Haftung ist sonst nur nach § 7 II StVG bei höherer Gewalt möglich. Dieses betriebsfremde Ereignis kommt grundsätzlich von außen und konnte vom Halter auch bei größtmöglicher Sorgfalt nicht verhindert werden. Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist eher gering, da die Anforderungen für solch ein Ereignis nach Ansicht der Rechtsprechung höchst selten erfüllt sind.

Ein weiterer praktisch relevanter Fall der Gefährdungshaftung ist die Haftung des Tierhalters nach § 833 I BGB, s.o.

V. Umfang des Schadensersatzanspruchs bei unerlaubten Handlungen

Grundsätzlich wird auch im Deliktsrecht der Umfang des Schadensersatzanspruches nach den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts (§§ 249 ff) berechnet, doch existieren mit den §§ 842 – 852 BGB einige diesbezügliche Sonderregelungen.

1. Ersatz von Sachschäden

Der Schadensersatz bei Sachschäden wird durch §§ 848 – 851 BGB geregelt. Nur der unmittelbar Geschädigte kann dabei Ansprüche stellen.

2. Ersatz von Personenschäden

a. Ansprüche des unmittelbar Geschädigten

Der Umfang der Ersatzpflicht ergibt sich aus §§ 842 und 843 BGB. Dem Geschädigten kann außerdem ggf. ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 253 II BGB zustehen. Letztere Vorschrift stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des § 253 BGB dar, dass immaterielle Schäden grundsätzlich nicht ersatzfähig sind, außer in besonders geregelten Fällen. Die Vorschrift ist keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern stellt lediglich eine Regelung des Anspruchsinhaltes dar.

Umstritten ist dabei lediglich die Ersatzfähigkeit von Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, die im Gesetz nicht vorgesehen, aber durch die Mehrheit der Rechtsprechung und des Schrifttums anerkannt wird. Die Verletzung darf lediglich nicht ganz unerheblich gewesen sein und eine Genugtuung auf andere Weise darf nicht möglich sein.

b. Ersatzansprüche mittelbar Geschädigter

Lediglich mittelbar geschädigte Personen können durch § 844 BGB Ersatzansprüche erheben, wenn eine Person getötet wurde. Das umfasst sowohl die Beerdigungskosten (§ 844 I BGB) als auch ggf. die Gewährung einer Rente, falls die getötete Person Unterhaltspflichten zu leisten hatte.

3. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche

Durch analoge Anwendung der §§ 1004, 862, 12 BGB wird der Schutz von Rechtspositionen, die durch die §§ 823 ff BGB geschützt sind, auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche erweitert. Man unterscheidet dabei zwischen negatorischen und quasinegatorischen Ansprüchen, wobei die Prüfungsvoraussetzungen gleich sind.

  • Negatorische Ansprüche richten sich gegen Beeinträchtigungen absoluter Rechte i.S.d. § 823 I BGB.
  • Quasinegatorische Ansprüche sind gegen Beeinträchtigungen anderer durch die §§ 823 ff BGB geschützter Rechte gerichtet, auch Schutzgesetze i.S.d. § 823 II kommen in Betracht.

a. Unterlassungsanspruch

Voraussetzungen

aa. Durch §§ 823 ff BGB geschütztes Rechtsgut
bb. Weitere Beeinträchtigungen sind zu erwarten

Bei zu erwartenden weiteren Störungen ist eine vorbeugende Unterlassungsklage statthaft.

cc. Anspruchsgegner ist Störer

Der Anspruchsgegner muss durch eine Handlung oder die Schaffung eines entsprechenden Zustandes die Störung verursacht haben.

dd. Rechtswidrigkeit

Die bevorstehende oder bestehende Störung muss rechtswidrig sein. Daran fehlt es z.B., wenn der Anspruchsteller zu ihrer Duldung verpflichtet ist.

b. Beseitigungsanspruch

Voraussetzungen

aa. Durch §§ 823 ff BGB geschütztes Rechtsgut
bb. Fortdauernde Störung

Die Verletzung ist bereits eingetreten, aber noch nicht abgeschlossen (str.).

cc. Anspruchsgegner ist Störer

s.o.

dd. Rechtswidrigkeit

s.o.

VI. Verjährung

Nach § 195 BGB verjähren Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach drei Jahren. Sie beginnt am Ende des Jahres, in dem der Verletzte vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, § 199 I BGB. Nach 30 Jahren ab Begehung der unerlaubten Handlung können die Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, § 199 II BGB. Davon ausgenommen sind durch unerlaubte Handlung entstandene Herausgabeansprüche.

VII. Billigkeitshaftung

Die Billigkeitshaftung des § 829 BGB ist eine ungewöhnliche Vorschrift. Sie regelt die Haftung des Verursachers in Fällen, bei denen er nach den §§ 827, 828 BGB nicht in Anspruch genommen werden und auch von einem aufsichtspflichtigen Dritten (§ 832 BGB) kein Schadensersatz verlangt werden kann. In diesem Fall hat der Schädiger den Schaden dennoch zu ersetzen, jedoch nur insoweit, wie das nach der Billigkeit der Umstände angemessen scheint. Dazu sind die Umstände des Einzelfalles sorgfältig abzuwägen.

C. Anmerkung

Zu dem Thema dieses Artikels kann ein vertiefender Crashkurs gebucht werden oder ein Coaching im Repetitorium stattfinden.

Zur deliktischen Problematik siehe auch: Artikel zum Weiterfresserschaden, Klausurfall Mangelfolgeschaden und Weiterfresserschaden, Caroline von Monaco I.

Zur Übersicht weiterer Ansprüche siehe „BGB-Anspruchsgrundlagen“.

Zur Übersicht aller aktuellen Aufsätze und Klausurfälle siehe „Artikel„.

siehe auch Umfang des Schadensersatzes, „Klausur zum Vollstreckungsverhältnis„,Klausur Forderungsabtretung.

Zur Ergänzung der Anspruchsgrundlagen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen siehe auch „Anspruchsgrundlagen EBV„, „Anspruchsgrundlagen Bereicherungsrecht“ sowie „Anspruchsgrundlagen GoA“.

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