Abtretung gem. §§ 398 ff BGB

Abtretung bzw. Zession ist einer der Klassiker in Anfänger- und Examensklausuren, sodass dieser beherrscht werden muss, um gute Noten zu erzielen.

Datum
Rechtsgebiet Zivilrecht
Ø Lesezeit 6 Minuten
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Der vorliegende Beitrag widmet sich der Abtretung von Ansprüchen im Bürgerlichen Recht. Diese ist in den Scheinklausuren und im Examen von großer Relevanz. Daher müssen die Materie und die dazugehörigen Probleme sicher beherrscht werden.

A. Regelungsstandort und Rechtsnatur

Die Abtretung, auch Zession genannt, ist in den §§398 ff. BGB geregelt. Folglich steht die Abtretung im Schuldrecht. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass Gegenstand der Abtretung Ansprüche i.S.d. §194 I BGB sind. Dennoch handelt es sich bei der Abtretung um eine Verfügung. Darunter versteht man jedes Rechtsgeschäft, das auf Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Inhaltsänderung eines Rechts gerichtet ist. Bekannt sind insbesondere die Verfügungen des Sachenrechts (z.B. §§929 BGB ff.). Anders als im Sachenrecht, in dem dingliche Rechte übertragen werden, zielt die Abtretung auf die Übertragung von Ansprüchen ab. Da die Abtretung unmittelbar zu einer Änderung des Anspruchsberechtigten führt, stellt sie eine Verfügung dar. Aus §398 S. 1 BGB, der die Abtretung legaldefiniert, folgt, dass die Abtretung einen Vertrag darstellt. Somit ist die Abtretung i.S.d. BGB ein Verfügungsvertrag.

B. Schema

Die meisten Klausuren beschränken bei der Abtretung die Anforderungen darauf, eine Abtretung ohne Probleme durchzuprüfen. Dies liegt daran, dass sich eine Abtretung einfach in einen Klausursachverhalt einbauen lässt und auf diese Weise viele Bearbeiter Punkte erzielen können. Daher sollte man sich ein Schema und einen Textbaustein zurechtlegen.

I. Bestehen der Forderung

II. Einigung

III. Abtretbarkeit

IV. Berechtigung 

In einem Textbaustein zusammengefasst: „(…) und (…) haben sich ausweislich des Sachverhalts geeinigt. Die Forderung bestand für (….) und war nicht vinkuliert. Auch ein sonstiger Ausschluss ist nicht erkennbar.“

Sollte gerade das Bestehen der abzutretenden Forderung fraglich sein, so ist der Textbaustein zu modifizieren: „(…) und (…) haben sich ausweislich des Sachverhalts geeinigt. Fraglich ist, ob die Forderung (konkret benennen) zwischen (Zessionar benennen) und (Zedent benennen) bestand.“ 

C. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale

In einem nächsten Schritt werden die Tatbestandsmerkmale der Abtretung näher betrachtet. 

I. Bestehen der Forderung

Grundvoraussetzung für eine Abtretung ist, dass die abzutretende Forderung besteht. Eine nicht existente Forderung kann nicht abgetreten werden. An dieser Stelle können in der Klausur die meisten Probleme liegen. Ein Klausurersteller kann hier einen Anspruch mit allen Tücken und Problemen durchprüfen lassen. Es ist folglich nach dem üblichen Schema vorzugehen. Bei vertraglichen Primäransprüchen bedeutet dies: 1. Anspruch entstanden, 2. Anspruch nicht erloschen, 3. Anspruch durchsetzbar. 

II. Einigung

Die Parteien müssen sich über den Übergang der Forderung geeinigt haben. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Abtretung gemäß §398 S. 1 BGB ein Vertrag ist. Diese Einigung muss nur zwischen dem alten und dem neuen Gläubiger bestehen. Auf eine Zustimmung des Schuldners kommt es nicht an. Bei der Einigung können sich ebenfalls einige Probleme des BGB-AT ergeben. Häufig problematisch sind die Fragen, ob künftige Forderungen abgetreten werden können und ob die Einigung sich auf eine bestimmte Forderung bezieht.

Die Abtretung künftiger Forderungen ist möglich, da §185 II Var. 2 BGB zeigt, dass eine Verfügung über künftige fremde Rechte wirksam ist, weswegen erst Recht über künftige eigene Rechte verfügt werden darf.

Der Klausurklassiker bei der Bestimmtheit meint den Fall, dass „alle“ bestehnden Forderungen  einer Person abgetreten werden. Da „alle“ Forderungen sämtliche Ansprüche erfasst, ist, zumindest theoretisch, jede einzelne Forderung zu bestimmen. Daher ist das Bestimmtheitsgebot in solchen Fällen gewahrt. 

III. Abtretbarkeit, §§399, 400 BGB

Es gibt Fälle, in denen die Abtretung ausgeschlossen ist. Diese sind in Klausur immer zu bedenken.

Eine Forderung kann gemäß §399 BGB nicht abgetreten werden, wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist. Dies nennt man auch „vinkulieren“ der Forderung.

Gemäß §399 BGB ist die Abtretung ebenfalls ausgeschlossen, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Eine Inhaltsänderung durch die Abtretung liegt insbesondere bei höchstpersönlichen Ansprüchen (z.B. Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers) vor.

Nach §400 BGB sind unpfändbare Forderungen nicht abtretbar, um dem Gläubiger sein Existenzminimum zu sichern. 

IV. Berechtigung

Der Altgläubiger muss berechtigt sein. Da bei einer Forderung, als bloß geistiges Konstrukt, kein Rechtsscheinsträger vorhanden ist, scheidet ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich aus. Eine enge Ausnahme besteht gemäß §405 BGB, wenn der Schuldner eine Urkunde über die Schuld ausgestellt hat. In diesem Fall kann er sich, wenn die Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, dass die Abtretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläubiger ausgeschlossen sei, es sei denn, dass der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen musste. 

D. Rechtsfolgen der Abtretung

Auch die unterschiedlichen Rechtsfolgen der Abtretung sind in der Klausur oft zu thematisieren. 

I. Gläubigerwechsel

Die wichtigste und offensichtlichste Folge der Abtretung ergibt sich aus §398 S. 2 BGB. Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Es kommt folglich zu einem Gläubigerwechsel.  

II. Erhalt von Einwendungen, §404 BGB

Der Schuldner kann dem Neugläubiger Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den Altgläubiger begründet waren. Ein Beispiel hierfür ist etwa eine zwischen Altgläubiger und Schuldner vereinbarte Stundung der Forderung.  

III. Rechtshandlungen gegenüber dem bisherigen Gläubiger, §407 BGB

Der neue Gläubiger muss jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger hinsichtlich der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Schuldner von der Abtretung Kenntnis hatte, §407 I BGB a.E.

Erfüllt beispielsweise der Schuldner an den Altgläubiger, so ist diese Erfüllung auch gegenüber dem Neugläubiger wirksam. Nur wenn der Schuldner von der Abtretung wusste, gilt dies nicht. Der Neugläubiger kann gegen den Altgläubiger in diesem Fall gemäß §816 II BGB vorgehen und so seine Leistung verlangen. Daher lohnt es sich, neben §407 I BGB diese Norm, sprich §816 II BGB, zu kommentieren, soweit dies zulässig ist.  

III. Aufrechnung, §406 BGB

Bei einer Aufrechnung müssen nach §387 BGB grundsätzlich beide Forderungen gegenseitig sein. Dieses Tatbestandsmerkmal wird durch §406 BGB modifiziert. Folglich ist §406 BGB bei dem Tatbestandsmerkmal „Gegenseitigkeit“ im Rahmen der Aufrechnung zu prüfen.

§406 BGB findet nur Anwendung, wenn die Aufrechnung nach der Abtretung erklärt wird, da sonst bereits §404 BGB greift. Die Aufrechnung gegenüber dem Altgläubiger bestimmt sich nach §407 BGB. Daher greift §406 für den Fall, dass gegenüber dem Neugläubiger nach der Abtretung aufgerechnet wird. Die Forderung des Schuldners mit der aufgerechnet wird (Gegenforderung), muss vor der Kenntnis von der Abtretung erworben worden sein. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Aufrechnung gemäß §406 BGB ggü. dem Neugläubiger mit einer neuen Forderung gegen den Altgläubiger, wenn die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. 

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IV. Übergang von Nebenrechten, §401 I BGB

Mit der abgetretenen Forderung gehen etwaige Hypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.

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