Üble Nachrede gemäß § 186 StGB

Die üble Nachrede gemäß § 186 StGB. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen, um zu einem besseren Verständnis beizutragen.

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht
Ø Lesezeit 7 Minuten
Foto: Andrey_Popov/Shutterstock.com

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB und soll zu einem besseren Verständnis beitragen. Daher sind im Folgenden Prüfschema, Streitstände sowie die einzelnen Tatbestandsmerkmale  dieser Vorschrift näher erläutert, sodass die üble Nachrede keine größere Hürde in einer möglichen Klausur darstellen sollte.

A. Allgemeines

Geschützes Rechtsgut ist wie bei § 185 StGB – die persönliche Ehre eines Menschen. Der Ehrbegriff wird nach überwiegender Meinung durch einen dualistischen Ehrbegriff geprägt. Danach ist der innere Ruf ( Die Selbstachtung eines Menschen, Würde ) und äußere Ruf ( Reputation innerhalb der Gesellschaft ) eines Menschen geschützt. § 186 StGB sanktioniert die Äußerungen ehrenrühriger Tatsachen gegenüber einem anderen als dem Betroffenen. Im Gegensatz dazu können die Konstellationen in Bezug auf Werturteile oder Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Betroffenen selbst, nur durch § 185 StGB erfasst werden. Dementsprechend deutlich zeigt sich also, dass die üble Nachrede gegenüber § 185 StGB bezüglich Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritte, als lex spezialis vor geht.

B. Prüfungsschema zu § 186 StGB

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

1. Mögliche Tatobjekte

a) Der Einzelne
b) Der Einzelne unter einer Kollektivbezeichnung
c) Beleidigung eines Kollektivs ( Personengemeinschaft )

2. Tathandlung

3. Kundgabeerfolg

4. Eignung zur Ehrverletzung

II. Subjektiver Tatbestand

Vorsatz bezüglich aller objektiver Tatbestandsmerkmale, wobei dolus eventualis ausreichend ist.

B. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

C. Rechtswidrigkeit

I. Spezielle Rechtfertigungsgründe

II. Allgemeine Rechtfertigungsgründe

D. Schuld

E. Strafantrag, § 194 StGB

F. Straffreiheit, § 199 StGB

G. Qualifikationen

I. § 186 Alt. 2 StGB

II. § 188 StGB

C. Prüfung – § 186 StGB – im Detail

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

1. Mögliche Tatobjekte

a) Der Einzelne

Der Einzelne ist in diesem Fall der Dritte !

Beispiel: A erzählt B, dass C mal wegen schweren Raubes im Gefängnis war.

b) Der Einzelne unter einer Kollektivbezeichnung

Auch beim Straftatbestand der üblen Nachrede, kann die ehrverletzende Handlung unter einer Kollektivbezeichnung erfolgen. Genaue Ausführungen zu ehrverletzenden Maßnahmen unter einer Kollektivbezeichnung sind dem folgenden Beitrag zu entnehmen: → Die Beleidigung nach § 185 StGB

c) Beleidigung eines Kollektivs ( Personengemeinschaft )

Ebenso erfasst die üble Nachrede ehrverletzende Äußerungen, die ein gesamtes Kollektiv treffen können, sodass nähere Angaben zu dieser Thematik ebenfalls dem folgenden Beitrag zu entnehmen sind: → Die Beleidigung nach § 185 StGB

2. Tathandlung

Hierbei muss in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet werden, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.

Tatsachen sind Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die stets dem Beweis zugänglich sind. Davon abzugrenzen sind die sogenannten Werturteile, welche nur eine persönliche Überzeugung, beziehungsweise Einstellung verkörpern. Demzufolge sind  Werturteile als persönliche Meinungen/Ansichten zu verstehen und sind daher gerade nicht dem Beweis zugänglich.

Weiterhin müsste der Täter eine Tatsache behauptet haben. In diesem Zusammenhang liegt dann eine Behauptung vor, wenn der Täter die geäußerte Tatsache nach seiner Überzeugung als richtig hinstellt.

Anmerkung: Ein behaupten ist auch dann gegeben, wenn der Täter lediglich fremde Äußerungen weitergibt, soweit der Täter selbst die behauptete Tatsache nach seiner Überzeugung als richtig hinstellt. Damit  muss der Täter sich demnach die behauptete Tatsache zu eigen machen.

Zudem kann der Täter sich gemäß § 186 StGB StGB strafbar gemacht haben, indem er eine Tatsache verbreitet hat. Diesbezüglich ist dann ein verbreiten gegeben, wenn der Täter fremde Erklärungen weitergibt.

Beispiel: A erzählt B, ihm wäre erzählt worden, dass C regelmäßig das Finanzamt betrügen würde.

Anmerkung: Eine Verbreitung ist gerade nicht gegeben, soweit die mitgeteilte Äußerung des Täters dem Empfänger schon bekannt gewesen ist. Sollte die Äußerung jedoch dazu führen, dass bisher gehegte Zweifel bezüglich der Behauptung beseitigt werden, so muss eine Verbreitung bejaht werden.

3. Kundgabeerfolg

Ebenso muss die Äußerung von einem Dritten zur Kenntnis genommen worden sein.

Anmerkung: Wann genau eine Kenntnisnahme vorliegt ist umstritten. Einer Ansicht reicht die bloße sinnliche Wahrnehmung der Äußerung. Eine weitere Ansicht verlangt, dass der Betroffene zudem den ehrverletzenden Charakter der Äußerung geistig erfasst. Eine ausführlichere Darstellung dieses Streits lässt sich ebenfalls folgendem Beitrag entnehmen: → Die Beleidigung nach § 185 StGB

4. Eignung zur Ehrverletzung

Hierbei gilt es zu beachten, dass die üble Nachrede ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellt. Dementsprechend genügt schon nur die Eignung zur Verächtlichmachung oder Herabwürdigung. → siehe Wortlaut § 186 StGB

Anmerkung: Demnach muss es nicht unbedingt zum Erfolg einer Ehrverletzung gekommen sein !!

II. Subjektiver Tatbestand

Hierbei muss der Täter Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale gehabt haben. Allerdings ist dolus eventualis ausreichend.

Anmerkung: Eine Beleidigungsabsicht ist nicht erforderlich !!!

B. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

Inwiefern die Nichterweislichkeit der Wahrheit eine objektive Bedingung der Strafbarkeit darstellt, ist strittig.

  • Eine Ansicht verlangt, dass der Täter bezüglich der Wahrheit seiner getätigten, ehrrührigen Aussagen zumindest sorgfaltswidrig gehandelt haben muss.
  • Die überwiegende Ansicht verneint, dass der Täter Vorsatz bezüglich der Nichterweislichkeit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache haben muss. Denn die Nichterweislichkeit sei kein Tatbestandsmerkmal und wäre daher vielmehr als objektive Bedingung der Strafbarkeit einzuordnen. Somit sei die Nichterweislichkeit generell nicht vom Vorsatz umfasst, wonach es damit auch nicht auf einen Fahrlässigkeitsvorwurf ankommen könne.

Kurze mögliche Stellungnahme: Die erste Ansicht hat den sehr schweren Nachteil auf ihrer Seite, dass sie Schutzbehauptungen des Täters Tür und Tor öffnet. Dies könne zu einer erheblichen Einschränkung des Opferschutzes führen, welche jedoch nur sehr schwer hinnehmbar wäre. Denn schließlich müsse der Täter das Risiko einer unzureichenden Ergebnisforschung tragen und nicht das Opfer. Dementsprechend erscheint die zweite Ansicht vorzugswürdiger.

Anmerkung: Da das Beweisrisiko beim Täter läge, gibt es auch einige Stimmen, die diese Norm eigentlich als verfassungswidrig empfinden. Denn schließlich würde man damit die Nachweispflicht des Staates – und damit auch den in dubio pro reo Grundsatz – umgehen.

C. Rechtswidrigkeit

I. Spezielle Rechtfertigungsgründe

Auch bei dem Tatbestand der üblen Nachrede ist eine Rechtfertigung durch § 193 StGB möglich.

Anmerkung: Eine sehr detailierte Darstellung, wie die spezielle Vorschrift des § 193 StGB zu prüfen ist, kann man folgendem Beitrag entnehmen: Die Beleidigung nach § 185 StGB

II. Allgemeine Rechtfertigungsgründe

Hierbei können allgemeine Grundsätze einschlägig sein.

D. Schuld

Auch hierbei sind die allgemeinen Grundsätze zu beachten.

E. Strafantrag, § 194 StGB

Grundsätzlich ist ein Strafantrag nötig.

F. Straffreiheit, § 199 StGB

Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einer derselben für straffrei erklären.

G. Qualifikationen

I. § 186 Alt. 2 StGB

Die üble Nachrede gilt als qualifiziert, sobald diese öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften erfolgt ist.

In diesem Zusammenhang liegt keine Öffentlichkeit vor, wenn die Äußerungen innerhalb einer geschlossenen Gesellschaft erfolgt sind. Insofern liegt das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit vor, sobald die Äußerung von einem in seiner Anzahl unbestimmbaren Personenkreis zur Kenntnis genommen werden könnte.

Bei der Verbreitung von Schriften gilt es insbesondere § 11 Abs. 3 StGB zu beachten. Denn danach stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen den Schriften gleich.

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II. § 188 Abs. 1 StGB

Hierbei liegt eine Qualifikation vor, wenn es zur üblen Nachrede gegen Personen des politischen Lebens gekommen ist. Diese Vorschrift zielt auf einen verstärkten Ehrenschutz hinsichtlich politischer Personen ab. Damit soll ein sich überhitzendes politisches Klima verhindert werden.

Anmerkung: Auch hierbei zeigt sich, dass jede Freiheit seine Grenze haben muss. Klar sollten hitzige Meinungsdiskussionen im Rahmen politischer Arbeit stets erlaubt und erwünscht sein. Allerdings sollte es regelmäßig sachlich zugehen, sodass zumindest schwere Kränkungen, übelster Art, nicht immer hinnehmbar sind. ( auch nicht für eine Person des Politischen Lebens )

Trotzdem ist diese Vorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Denn schließlich muss der Gleichheitsgrundsatz gewahrt werden, sodass man nicht jede Handlung unter § 188 StGB subsumieren sollte.

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