Prüfschema zu Art.14 I 1 GG

Strukturhilfe bei der Prüfung des Art.14 I 1 GG

Datum
Rechtsgebiet Öffentliches Recht
Ø Lesezeit 5 Minuten
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Der folgende Beitrag versucht eine kurze Struktur für die Prüfung des Art. 14 I 1 GG in der Klausur anzubieten. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Darstellung der Rechtfertigung des Eingriffes, also der Schranken-Ebene.

A. Prüfung des Art.14 I 1 GG

I. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich

Jedermann

2. Sachlicher Schutzbereich

Zum Eigentum gehört das BGB-Eigentum nach § 903 BGB. Da der Begriff des Eigentums in Art.14 I 1 GG durch den Gesetzgeber, hier in Form des § 903 BGB, definiert wird, spricht man davon, dass es sich bei Art.14 GG um ein „normgeprägtes“ Grundrecht handelt.

Weiterhin gehören zum sachlichen Schutzbereich auch öffentlich-rechtliche Anwartschaften, etwa auf Rentenzahlungen.

Nicht von Art.14 I 1 GG umfasst sind die Erwartungen auf den Gewinn, es werden demnach keine Gewinnchancen von Art.14 I GG umfasst.

II. Eingriff

Der Eingriff in Art.14 I 1 GG kann durch hoheitliches Handeln in Form von Verwaltungsakten, Realhandeln, Rechtsverordnungen, Satzungen sowie förmlichen Gesetzen erfolgen.

III. Rechtfertigung des Eingriffs (Schranke)

Für die Rechtfertigung eines staatlichen Eingriffs in den sachlichen Schutzbereich des Art.14 I 1 GG kommt es darauf an, ob ein Eingriff in Form einer Enteignung oder in Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung vorliegt.

1. Schranke für Enteignung

Die Schranke für eine Enteignung richtet sich nach Art.14 III GG. So ist eine Enteignung nach Art.14 III GG nur gerechtfertigt, wenn sie zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt und durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgte. Dabei muss Art und Ausmaß der Entschädigung für den betroffenen Eigentümer gesetzlich geregelt sein.

2. Schranke für Inhalts- und Schrankenbestimmung

Die Schranke für eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist in Art. 14 I 2, II GG geregelt. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist nach Art.14 I 2 GG zulässig, wenn sie durch Gesetz erfolgt und gem. Art.14 II GG einen Gemeinwohlbezug aufweist.

3. Theorien der Abgrenzung

Da Art.14 GG, wie eben aufgezeigt, unterschiedliche Anforderungen an die Zulässigkeit einer Beschränkung seines Schutzbereiches aufstellt, je nachdem, ob es sich um eine Enteignung oder um eine Inhalts-und Schrankenbestimmung handelt, bleibt fraglich, wie festgestellt werden kann, ob der jeweilige staatliche Eingriff eine Enteignung oder eine Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt.

Die früher für die Abgrenzung vertretene Schweretheorie sowie die Sonderopfertheorie haben zu Unsicherheiten bei der Abgrenzung geführt, da es im Einzelfall schwierig war festzustellen, ob der Eingriff für den Betroffenen so schwerwiegend war, dass er für eine Enteignung reichte. Aus diesem Grunde folgt die herrschende Lehre heute dem formalen Enteignungsbegriff, nach welchem eine Enteignung immer und nur dann vorliegt, wenn sie als solche bezeichnet wird. Bei Unklarheiten liegt im Zweifel eine Inhalts- und Schrankenbestimmung vor.

IV. Schranken-Schranke

Wurde bei der Schranken-Prüfung festgestellt, dass es sich um eine Enteignung handelt, entfällt eine Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Ebene der Schranken-Schranke. Dies deswegen, weil das Eigentum durch den Staat bei der Enteignung ja vollständig entzogen worden ist und damit die Frage der milderen Maßnahme nicht mehr gestellt werden kann. Wenn man so will, sind die Anforderungen, welche Art.14 III GG an eine rechtmäßige Enteignung stellt und welche auf der Schranken-Ebene zu prüfen sind, bereits eine intendierte Verhältnismäßigkeitsprüfung.

Wurde bei der Schranken-Prüfung festgestellt, dass es sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung handelt, so folgt an dieser Stelle die Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Hier ist zu beachten, dass auf der Ebene der „Angemessenheit“, also bei der Rechtsgüterabwägung, im Einzelfall festgestellt werden kann, dass der Eingriff nur dann angemessen ist, wenn dem Betroffenen eine Entschädigung gezahlt wird.

B. Anmerkungen zu Art.14 GG:

Der Schwerpunkt bei der Prüfung des Art.14 I GG liegt auf der Prüfung der Schranken-Ebene. Dies deswegen, weil Art.14 GG sowohl einen kompletten Entzug des Eigentums in Form einer Enteignung zulässt als auch die inhaltliche Ausgestaltung des Eigentums. Je nachdem ob eine Enteignung oder eine inhaltliche Regelung des Eigentums durch den Staat erfolgt sind unterschiedliche Anforderungen an die Schranke zu stellen. Die Abgrenzung zwischen Enteignung sowie Inhalts- und Schrankenbestimmung erfolgt rein formal, d.h., wenn im Sachverhalt die das Eigentum beschränkende Regelung nicht ausdrücklich als Enteignung bezeichnet wird, handelt es sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. Eine genaue und unter Umständen schwierige Prüfung, ob es sich bei dem im Sachverhalt vorliegenden staatlichen Eingriff tatsächlich um eine inhaltliche Ausgestaltung des Eigentums handelt, kann damit entfallen. Nachdem die Abgrenzung zwischen Enteignung sowie Inhalts- und Schrankenbestimmung durchgeführt wurde ist klar, ob die Schranke nach Art.14 I 2,II GG oder nach Art.14 III GG geprüft werden muss.

Wenn Art.14 GG in der Klausur drankommt, dann wohl eher in Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung, damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprüft werden kann.

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Siehe auch Artikel zum Verwaltungsrecht: „Sofortige Vollziehung eines VA„, „Rücknahme von Verwaltungsakten„, „Nebenbestimmungen nach § 36 VwVfG

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