Das Schuldverhältnis

Das Beherrschen der Problemkreise rund um das Schuldverhältnis ist für eine gute Klausurlösung essentiell.

Datum
Rechtsgebiet Gesetzliche Schuldverhältnisse
Ø Lesezeit 5 Minuten
Foto: Maxime Horlaville/unsplash.com

Deshalb sollte an dieser Stelle in keinem Fall auf Lücke gelernt werden. Schuldverhältnisse sind in vielen Rechtsgebieten absolut wesentlich und werden innerhalb der vertraglichen, vertragsähnlichen, dinglichen, deliktischen und bereicherungsrechtlichen sowie innerhalb der erb- und familienrechtlichen Anspruchsgrundlagen relevant. Ein solides Grundwissen, Transferdenken sowie eine strukturierte Arbeit mit dem Gesetz sind auf diesem Gebiet deshalb unverzichtbar.

Der Begriff

Der Begriff des Schuldverhältnisses ist gesetzlich nicht geregelt. Das Schuldverhältnis wird jedoch als Rechtsverhältnis zwischen zwei oder mehreren Personen definiert, das die Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner regelt. Dabei müssen das Schuldverhältnis im engeren Sinne und das Schuldverhältnis im weiteren Sinne unterschieden werden.

Schuldverhältnis im engeren Sinne

Die jeweiligen Leistungsbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner, wie beispielsweise der Anspruch auf Übereignung der Kaufsache und der diesem gegenüber stehende Anspruch auf Zahlung im Rahmen eines Kaufvertrages, sind voneinander zu trennende Schuldverhältnisse. Beide für sich stellen ein eigenes Schuldverhältnis im engeren Sinne dar. Der Gesetzgeber verwendet das Schuldverhältnis im engeren Sinne an verschiedenen Stellen. Als Beispiel sei hier die Norm des § 241 I BGB genannt, nach der der Gläubiger aus dem Schuldverhältnis berechtigt ist, vom Schuldner eine Leistung oder ein Unterlassen zu fordern.

Schuldverhältnis im weiteren Sinne

Die Leistungsbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner in ihrer Gesamtheit bezeichnet man demgegenüber als Schuldverhältnis im weiteren Sinne. Bleibt man bei dem Beispiel des Kaufvertrages, sind also die gegenseitigen Ansprüche auf Zahlung und auf Übereignung der Kaufsache in ihrer Gesamtheit ein Schuldverhältnis im weiteren Sinne. Im Gesetz verwendet wird das Schuldverhältnis im weiteren Sinne beispielsweise im Rahmen des Zurückbehaltungsrechts des § 273 I BGB.

Arten von Schuldverhältnissen

Es gibt verschiedene Typen von Schuldverhältnissen, die in der Art ihrer Entstehung variieren. Man unterscheidet rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse, rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse und gesetzliche Schuldverhältnisse.

Vertragliche Schuldverhältnisse

Ein Schuldverhältnis kann rechtsgeschäftlich durch einen Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner entstehen (§ 311 I BGB) oder seltener durch eine einseitige Willenserklärung. Als Beispiel kann hier die Auslobung nach § 657 BGB genannt werden. Die wichtigsten Vertragstypen, welche ein Schuldverhältnis begründen, finden sich im schuldrechtlichen Teil des BGB.

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Vertragsähnliche Schuldverhältnisse

Von den vertraglichen Schuldverhältnissen unterscheiden sich die vertragsähnlichen Schuldverhältnisse. Diese entstehen nach § 311 II BGB entweder durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, durch die Anbahnung eines Vertrages oder durch ähnliche geschäftliche Kontakte. Ein vertragsähnliches Schuldverhältnis entsteht nach § 311 III BGB außerdem zu Personen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen, jedoch in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst haben. Ein normales Verhandlungsvertrauen reicht an dieser Stelle aber nicht aus. Vertragsähnliche Schuldverhältnisse beinhalten ausschließlich Nebenpflichten (sog. Rücksichtnahmepflichten) des § 241 II BGB, bei deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht über die culpa in contrahendo (cic) nach den §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB geltend gemacht werden kann.

Gesetzliche Schuldverhältnisse

Des Weiteren können Schuldverhältnisse auch kraft Gesetzes durch Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes entstehen. Den Inhalt des Schuldverhältnisses bestimmen hier also nicht die Vertragsparteien. Er ergibt sich vielmehr aus dem Gesetz. Gesetzliche und vertragliche Schuldverhältnisse schließen sich nicht gegenseitig aus, sie können auch nebeneinander bestehen. Die wichtigsten Tatbestände, die die Verwirklichung eines Schuldverhältnisses zur Folge haben, sind die unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB), die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) sowie die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB).

Pflichten aus dem Schuldverhältnis

Ist ein Schuldverhältnis entstanden, begründet dieses verschiedene Pflichten. Es ist zu unterscheiden zwischen Hauptleistungspflichten und Nebenpflichten, welche sich wiederum in Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten unterteilen.

Hauptleistungspflichten

Hauptleistungspflichten sind solche Pflichten, die das Schuldverhältnis primär begründet und welche für die gesetzliche Einordnung ausschlaggebend sind. Nach § 241 I BGB ist der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Hauptleistungspflichten kann der Gläubiger somit jeweils einklagen. Im Falle des Kaufvertrages sind die Hauptleistungspflichten beispielsweise die Zahlung des Kaufpreises nach § 433 II BGB und die Verschaffung des Gegenstandes in mangelfreiem Zustand nach § 433 I BGB.

Nebenpflichten

Nebenpflichten teilen sich zum einen in Nebenleistungspflichten, zum anderen in Schutzpflichten.

Nebenleistungspflichten

Nebenleistungspflichten sind im Gegensatz zu den Hauptleistungspflichten von untergeordneter Bedeutung. Sie sind nicht ausschlaggebend für den Vertragstypus, jedoch vor dem Hintergrund des § 241 I BGB ebenfalls einklagbar. Die Abnahme der Kaufsache nach § 433 II BGB ist beispielsweise eine Nebenleistungspflicht.

Schutzpflichten

Schutzpflichten sind nach § 241 II BGB nicht Ziel des Schuldverhältnisses. Das Schuldverhältnis kann lediglich jeden Teil zur Rücksicht auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Es besteht folglich keine Pflicht im eigentlichen Sinne. Aus diesem Grund sind Schutzpflichten auch nicht generell einklagbar.

Erlöschen von Schuldverhältnissen

Das Schuldverhältnis im engeren Sinne kann auf verschiedene Weise erlöschen. Es erlischt insbesondere dann, wenn die geschuldete Leistung erbracht (Erfüllung, §§ 362 ff. BGB), der Rücktritt erklärt wurde (§§ 346 ff. BGB), die gegenseitigen Forderungen zweier Rechtssubjekte aufgerechnet wurden (§§ 387 ff. BGB) oder ein Widerruf vorliegt (§§ 355 ff. BGB).

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