Jura-Studium – Universität Münster

Ablauf des Studiums; Münster als Studentenstadt; Die Prüfungen; Das Examen; Informationen über die Vielfalt der Bibliotheken

Datum
Rechtsgebiet Juristische Ausbildung
Ø Lesezeit 11 Minuten
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Obwohl seine Universität noch vergleichsweise jung ist, gehört Münster in Westfalen unangefochten zu den größten und bekanntesten deutschen Universitäts- und Studentenstädten. Die Stadt ist Zentrum einer größeren ländlichen Region, und die großen Ballungszentren und benachbarten Großstädte liegen etwas weiter weg. Dafür ist Münster mit etwa 290.000 Einwohnern selbst groß genug, um mit den meisten Annehmlichkeiten einer Großstadt dienen zu können und obendrein durch mehrere Autobahnen und Bahnstrecken ausgezeichnet an das Umland und Fernziele angebunden. Mit seinem großbürgerlich-norddeutschen Charme erhielt Münster vor einigen Jahren den Titel der lebenswertesten Stadt seiner Größenklasse weltweit zuerkannt. Dem umgebenden Münsterland wird seit jeher der angenehme Charakter einer südenglischen Parklandschaft nachgesagt.

Geschichte

Im Jahr 793 wurde am Übergang des westfälischen Flüsschens Aa zur Konvertierung der aufsässigen Sachsen an Stelle einer sächsischen Vorgängersiedlung ein Bischofssitz eingerichtet, der binnen kurzer Zeit zu einer großen Handelsstadt heranwuchs. Schon im 12. Jahrhundert wurde eine große Stadtmauer errichtet, die bis in die frühe Neuzeit die Grenzen der Stadt markierte und noch heute von der Promenade nachgezeichnet wird. Die Lage Münsters an mehreren wichtigen Handelsstraßen machten die Bürger reich, Münster wurde Mitglied der Hanse und versuchte mehrmals, sich von der Herrschaft des Fürstbischofs zu lösen und zur freien Reichsstadt aufzusteigen. Ein sichtbares Zeugnis dieses Strebens ist das weithin bekannte Rathaus, das die Bürgerschaft selbstbewusst in Sichtweite des Doms errichtete und mit dem Reichswappen schmücken ließ. Im 16. Jahrhundert wurde Münster in den Wirren der Reformationszeit überall bekannt, als die radikale Sekte der Wiedertäufer die Herrschaft in der Stadt erlangte und den Fürstbischof vertrieb, der das schwer befestigte Münster eineinhalb Jahre lang belagerte und nach seiner Einnahme an den überlebenden Würdenträgern der Wiedertäufer ein grausames Exempel statuieren ließ; Die schmiedeeisernen Körbe, die einst die Überreste der öffentlich zu Tode Gefolterten enthielten, hängen noch heute am zentralen Turm der Lambertikirche. Noch einmal stand Münster etwa hundert Jahre später im Rampenlicht, als die Verhandlungen zum Friedensschluss, die den Dreißigjährigen Krieg zum Ende bringen sollten, hier und im nahen Osnabrück stattfanden und mit der Verkündung des Westfälischen Friedens endeten. Aber auch Kriegsende wollten die Münsteraner nicht vom Traum der Unabhängigkeit lassen und setzten den Fürstbischof im 17. Jahrhundert mehrmals unsanft vor die Tür, der „seine“ Stadt jedoch mit ungeheurem Aufwand zurückeroberte und zur Zementierung seiner Herrschaft eine mächtige Zitadelle als Zwingburg an den westlichen Stadtrand setzen ließ. Im Siebenjährigen Krieg wurde Münster trotz seiner starken Befestigungen mehrmals belagert und erobert, was schwere Schäden nach sich zog. Da eine Modernisierung der Stadtbefestigung von zweifelhaftem Nutzen gewesen wäre, beschloss der Minister für das Fürstbistum Münster Franz Freiherr von Fürstenberg nach Kriegsende den Abriss der Stadtmauer, die durch die noch heute bestehende Promenade ersetzt wurde. An Stelle der Zitadelle ließ der Fürstbischof ein prachtvolles barockes Residenzschloss errichten, in der heute die Universität ihren Sitz hat, deren Keimzelle ebenfalls vom Freiherrn von Fürstenberg eingerichtet wurde. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss, der mit der Säkularisierung aller geistlichen Reichsstände auch das Ende des Fürstbistums brachte, gelangte Münster ab 1802 zunächst für kurze Zeit an Preußen, nach dessen Niederlage gegen Napoleon 1806 jedoch an das Großherzogtum Berg und danach an Frankreich, bevor es nach den Befreiungskriegen 1815 diesmal endgültig an Preußen ging. Es wurde zur Hauptstadt der preußischen Provinz Westfalen und zur wichtigen Garnisonsstadt. Bereits 1856 erfolgte der Eisenbahnanschluss, doch die Industrialisierung ging zu großen Teilen an Münster vorbei, das stattdessen mit vielen Behörden und Verwaltungssitzen von Unternehmen und Versicherungen zum „Schreibtisch Westfalens“ wurde. Auch die Bevölkerung Münsters wuchs zwischen 1870 und 1940 stark von etwa 25.000 auf fast 150.000 an. Nach den umfangreichen Kriegszerstörungen war die Stadt 1945 fast entvölkert, erhielt aber mit zahlreichen Rückkehrern, Flüchtlingen und Vertriebenen (vor allem West- und Ostpreußen) bald wieder starken Zuzug. Die stark verwüstete Stadt wurde nach Kriegsende entgegen dem Zeitgeschmack nicht völlig neu konzipiert und nach modernen Gesichtspunkten neu geplant, sondern stattdessen behutsam unter Wahrung der historischen Stadtstruktur wiederaufgebaut, wobei viele zerstörte Gebäude und Wahrzeichen (darunter das Rathaus) rekonstruiert werden mussten. An die Stelle der mit der Auflösung Preußens weggefallenen Provinz Westfalen trat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der auch heute noch seinen Sitz in Münster hat. Erst vor kurzer Zeit machte Münster durch den Streit von sich reden, der mit großer Leidenschaft um die Umbenennung des zentralen Hindenburgplatzes in Schlossplatz geführt wurde und erst durch eine Bürgerbefragung endgültig beigelegt werden konnte.

Die Stadt

Das heutige Münster hat sich nach dem Krieg von einer verschlafenen und erzkatholischen Provinzstadt zu einer multikulturellen Studentenstadt mit (2011) fast 300.000 Einwohnern gemausert, von denen etwa 55.000 Studenten sind. Nach wie vor gibt es nur relativ wenig Industrie in Münster. Herzstück der Wirtschaft sind vielmehr Handel, Verwaltung und Dienstleistungsgewerbe. Auch heute noch macht die Stadt ihrem Spitznamen als „Schreibtisch Westfalens“ alle Ehre, denn als Sitz der Bezirksregierung Münster sowie des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe fallen weite Teile des einwohnerstarken Ruhrgebietes nach wie vor in den Zuständigkeitsbereichs der hiesigen Verwaltungen. Auch viele Versicherungen und Unternehmen betreuen ihre Kunden in dem entsprechenden Gebiet von hier aus. Als einstige Provinzhauptstadt und Sitz einer Bezirksregierung ist Münster auch Standort vieler Gerichte. Neben Amts- und Landgericht tagt hier mit dem Oberverwaltungsgericht das höchste Gericht des Landes Nordrhein-Westfalen. Einzel- und Großhandel versorgen ein weites ländliches Einzugsgebiet und viele Kunden von weiter weg, was insbesondere an den Samstagen zu bemerken ist, an denen die zahlreichen Einkäufer von nah und fern regelmäßig die Kapazität der Straßen und Parkhäuser sprengen. Seinen Höhepunkt findet dieses Phänomen an den Adventssonntagen, wenn der ausgedehnte Weihnachtsmarkt die Kauflustigen lockt sowie zu Zeiten des dreimal jährlich veranstalteten „Send“ – einer großen Kirmes auf dem zentralen Schlossplatz, der in dieser Zeit nicht als Parkplatz dienen kann.

Münster macht dem vor einigen Jahren verliehenen Titel als lebenswerteste Stadt seiner Größenklasse alle Ehre. Die Kernstadt strahlt eine wohltuende Atmosphäre wohlhabender und gepflegter norddeutscher Großbürgerlichkeit aus und verfügt über sehr viel Grün und der unmittelbar an das  Zentrum reichende künstliche Aasee lädt ob der schlechten Wasserqualität zwar nicht zum Baden, wohl aber zum Sonnenbaden, Segeln oder Joggen ein. Als Studentenstadt lässt Münster keine Wünsche offen. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt – trotz eines schlechten Starts in den 50er Jahren, als eine Studentenzeitung einen flammenden Artikel veröffentlichte, in dem ein Student seine Kommilitonen unter dem lateinischen Titel „Cavete Münster“ nachdrücklich davor warnte, sich in dieses erzkatholische, stockkonservative und verschlafene Provinznest zu verirren. Das mochte die Universität jedoch nicht auf sich sitzen lassen und initiierte ein Forschungsprogramm, das in der Einrichtung der weltweit ersten „Akademischen Bieranstalt“ im heute so belebten Kuhviertel gipfelte, die noch heute den Titel „Cavete“ trägt – der Startschuss zur Entwicklung einer heute äußerst vielgestaltigen und lebhaften Kneipen- und Veranstaltungsszene.

Unglücklicherweise bringt gerade diese Schönheit und Beliebtheit auch Probleme mit sich. Münster ist eine der wenigen Großstädte, die noch wachsen und aufgrund der ausgezeichneten Bedingungen gerade bei jungen Leuten und Studenten sehr beliebt ist. Das schlägt sich leider auch in den Mietpreisen sowie in der Verfügbarkeit der begehrten Studienplätze nieder, sodass davon auszugehen ist, dass ein Studium in Münster nicht billig wird und mit etwas Pech auch wenig wahrscheinlich ist.

Die Hochschule

Die Universität Münster wurde nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen erst 1780 gegründet und sollte nach dem Willen des Freiherrn vom Stein zu einer der größten deutschen Universitäten ausgebaut werden. Nach den Wirren der Kriege im Gefolge der Französischen Revolution wurde sie aber bereits 1818 zugunsten der Universität Bonn wieder aufgehoben. Es blieb nur eine akademische Lehranstalt für Religionslehrer und Theologen, die 1821 um eine kurzlebige chirurgische Schule erweitert wurde.

Die Stadt mochte sich jedoch nicht damit abfinden und betrieb beharrlich die Neugründung der Universität. Eine wesentliche Hürde fiel 1875, als die theologische Akademie trotz Kulturkampf im tiefkatholischen Münster auch die Ausbildung protestantischer Geistlicher ermöglichte. 1902 war es dann tatsächlich so weit und Kaiser Wilhelm II. erhob die Akademie wieder in den Rang einer Universität. Aus Dankbarkeit nahm sie den Namen Westfälische Wilhelms-Universität an, den sie auch heute noch trägt.

Die heutige Universität ist auf 217 Gebäude in der ganzen Stadt verteilt. Es gibt jedoch mehrere Hauptbereiche wie das Universitätsklinikum oder den neuen Leonardo-Campus, in denen sich bestimmte Fachrichtungen konzentrieren. Die Rechtswissenschaften haben ihren Sitz im Stadtzentrum zwischen Domplatz und Schloss.

Das Studium

Das Jurastudium in Münster steht auf hohem Niveau. Die juristische Fakultät gehört zu den größten und angesehensten des Landes. Zahlreiche renommierte und jedermann bekannte Rechtswissenschaftler der Vergangenheit wie etwa Hans Brox oder Johannes Wessels hatten hier ihre Wirkungsstätte, deren Lehrbücher noch heute im allgemeinen Gebrauch sind. Da Münster eine Stadt mit starkem Schwerpunkt auf Rechtsprechung und öffentlicher Verwaltung ist, ist die Auswahl der Rechtsanwälte, Gerichte und Verwaltungsbehörden, bei denen die für das Studium und Referendariat unverzichtbaren Praktika absolviert werden können, enorm.

Die Betreuung der Studenten entspricht mit Arbeitsgemeinschaften u.a. dem üblichen Muster. Es empfiehlt sich daher, wie fast überall sonst, dringend der Aufbau eines persönlichen Umfeldes für private Arbeits- und Lerngemeinschaften.

Die Prüfungen

Die erste Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen folgt weitestgehend den allgemein üblichen Bedingungen. Wer sein Studium vor dem 30. Juni 2003 begann, legt die Prüfung nach „altem“ Recht (JAG und JAO NRW 1993) ab. Alle anderen in der seit 2003 geltenden Fassung. Die schriftliche Prüfung besteht laut § 10 JAO NRW aus sechs fünfstündigen Klausuren, wobei drei im Bürgerlichen Recht, zwei im Öffentlichen Recht und eine im Strafrecht geschrieben werden. Dabei spielt jeweils auch das Verfahrensrecht sowie die europarechtlichen Bezüge und rechtsgeschichtlichen und rechtstheoretischen Grundlagenfächer eine Rolle. Die mündliche Prüfung entspricht dem allgemeinen Muster. Wer sich nach dem fünften und bis Abschluss des siebten Fachsemesters (ohne Unterbrechung) zur Staatsprüfung anmeldet, kann die Klausuren laut § 12 JAO NRW in zwei bis drei getrennten zeitlichen Abschnitten anfertigen (Abschichtung). Studierende aus Münster fertigen ihre schriftlichen Arbeiten meist in Münster oder Hamm an, aber auch Bielefeld könnte Prüfungsort sein – sehr wichtig für die Logistik, da die Verkehrsverbindungen von Münster nach Bielefeld berüchtigt schlecht sind.

Die zweite juristische Staatsprüfung wird zentral am Justizministerium in Düsseldorf abgenommen.

Die Bibliotheken

Angehende Juristen können auf mehrere Bibliotheken zurückgreifen. An erster Stelle rangieren eindeutig die Bibliotheken im Juridicum am Krummen Timpen, wo sich die Sammlungen für Zivilrecht und Öffentliches Recht befinden sowie die Bibliothek für Strafrecht im Nachbargebäude. Diese Büchereien verfügen über großzügig bemessene Öffnungszeiten, was insbesondere den Nachtschwärmern zugute kommt. Unmittelbar daneben befindet sich außerdem die kürzlich runderneuerte Universitätsbibliothek. Nicht weit entfernt befinden sich das Amts– und Landgericht sowie das Oberverwaltunsgericht, denen ebenfalls Bibliotheken angeschlossen sind. Als Geheimtipp darf außerdem die kleine, aber recht gut sortierte Bibliothek des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung im Ortsteil Gievenbeck gelten, deren Öffnungszeiten jedoch deutlich kürzer sind als an der Universität. Weiterhin locken die großzügig ausgestatteten Bibliotheken in der 60 km entfernten niedersächsischen Universitätsstadt Osnabrück, die auf der A1 zügig zu erreichen ist und womöglich allzu stark frequentierte Werke bei Semester- oder Hausarbeiten bereithält, die in Münster nur schwer verfügbar wären. Ähnliches gilt für die Sammlungen an der 80 km entfernten Ruhr-Universität in Bochum. Das Oberlandesgericht im 30 km entfernten Hamm hat ebenfalls einiges zu bieten.

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Fazit

Münster ist eine Studenten- und Universitätsstadt allerreinsten Wassers, die keinerlei Wünsche offenlässt – mit der möglichen Ausnahme eines Studienplatzes und einer bezahlbaren Wohnung, da der Andrang verständlicherweise groß ist.

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