Besonders schwere Brandstiftung – § 306 b Abs. 1 StGB

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 1 StGB und soll vor allem einen einfachen Einstieg in die Thematik ermöglichen.

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht
Ø Lesezeit 7 Minuten
Foto: Christopher Burns/unsplash.com

Dieser Artikel über die besonders schwere Brandstiftung enthält ein übersichtliches Prüfungsschema und Erläuterungen zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen. Ferner stellt er Wiederholungsfragen bereit, um einen guten Zugang zu der Vorschrift zu bekommen.

A. Allgemeines

Die besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 1 StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu §§ 306 und 306 a StGB dar und setzt damit den Eintritt einer schweren Folge voraus. In diesem Zusammenhang verlangt § 306 b Abs. 1 StGB entweder den Eintritt einer schweren Gesundheitsschädigung oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen. Ferner treten hinsichtlich dieser Norm immer wieder Problematiken bezüglich des spezifischen Gefahrzusammenhangs (Unmittelbarkeitszusammenhang) auf.

B. Prüfungsschema – Besonders schwere Brandstiftung – § 306 b Abs. 1 StGB

A. Tatbestand

Objektiver Tatbestand

1. Verwirklichung des Grunddelikts

2. Eintritt der schweren Folge

a) Schwere Gesundheitsschädigung
b) Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen

3. Kausalzusammenhang zwischen Grunddelikt und Folge

4. Unmittelbarkeitszusammenhang

5. Mindestens Fahrlässigkeit hinsichtlich der schweren Folge, § 18 StGB

a) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
b) Objektive Voraussehbarkeit

B. Rechtswidrigkeit

C. Schuld

I. Schwere Folge

Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und subjektive Vorhersehbarkeit

II. Entschuldigungsgründe

D. Tätige Reue, § 306 e StGB

C. Prüfung – Besonders schwere Brandstiftung – § 306 b Abs. 1 StGB – im Detail

A. Tatbestand

Objektiver Tatbestand

1. Verwirklichung des Grunddelikts

Verwirklichung des § 306 oder § 306 a StGB.

2. Eintritt der schweren Folge

a) Schwere Gesundheitsschädigung

Weiterhin müsste es zu einer schweren Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen gekommen sein.

Hierbei kann man sicherlich von einer schweren Gesundheitsschädigung ausgehen, wenn eine Voraussetzung des § 226 StGB gegeben sein sollte. Jedoch gilt im Zusammenhang mit § 306 b Abs. 1 StGB, dass § 226 StGB gerade nicht als abschließend für den an dieser Stelle geforderten Begriff der „schweren Gesundheitsschädigung“ anzusehen ist. Darüber hinaus kann das Tatbestandsmerkmal der „schweren Gesundheitsschädigung“ ebenso erfüllt sein, wenn es zu einer Verletzung gekommen ist, welche mit einer Verletzung aus § 226 StGB vergleichbar ist. Dies ist insbesondere der Fall bei einer langwierigen ernsthaften Erkrankung oder wenn diese den Verlust beziehungsweise eine erhebliche Einschränkung der Sinne und der Arbeitsfähigkeit mit sich bringt.

b) Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen

Hierbei ist von besonderer Relevanz, dass der Täter einer großen Anzahl von Menschen einen Gesundheitsschaden zugefügt hat. Damit ist der tatsächliche Eintritt einer Gesundheitsschädigung zwingende Voraussetzung.

Probleme bereitet allerdings, ab wann man überhaupt von einer großen Zahl von Menschen sprechen kann.

Der BGH sieht schon eine Personenzahl von 14 als ausreichend an. Jedoch wurde in diesem Zusammenhang keine generelle Untergrenze benannt, geschweige denn hinreichend begründet.

Wiederum andere verlangen 20 Personen.

★ Wichtiger Hinweis

Hierbei sollte stets der hohe Strafrahmen hinsichtlich des § 306 b Abs. 1 StGB im Hinterkopf bleiben, sodass es vertretbar sein dürfte, sich auf eine etwas höhere Zahl festzulegen.

3. Kausalzusammenhang zwischen Grunddelikt und Folge

Weiterhin müsste Kausalität (conditio-sine-qua-non – Formel) zwischen Grunddelikt und Folge gegeben sein.

4. Unmittelbarkeitszusammenhang

Zudem muss ein spezifischer Gefahrzusammenhang (Unmittelbarkeitszusammenhang) gegeben sein. Was man genau unter einem spezifischen Gefahrzusammenhang zu verstehen hat, kann folgendem Beitrag entnommen werden: Schwere Brandstiftung – § 306 a Abs. 2 StGB.

★ Wichtiger Hinweis

Auch im Rahmen des § 306 b Abs. 1 StGB kann in diesem Zusammenhang die „Retterschadenproblematik“ auftauchen. Diesbezüglich sollte man ebenfalls die Ausführungen folgenden Beitrags einsehen: Schwere Brandstiftung – § 306 a Abs. 2 StGB

Tipp: Auch kann in diesem Zusammenhang die Problematik einer etwaigen Strafbarkeit des erfolgsqualifizierten Versuchs aufkommen. Die Brandstiftung nach §§ 306, 306 a StGB (das Grunddelikt) bleibt also im Versuchsstadium stecken, zugleich kommt es jedoch zum Eintritt einer schweren Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen (schwere Folge). Hier geht es nun insbesondere darum, zu erläutern, an welcher Stelle der Anknüpfungspunkt bezüglich des Unmittelbarkeitszusammenhangs zu sehen ist. So muss sich der Eintritt der schweren Folge gerade aus dem Versuch des Grunddelikts ergeben. Es handelt sich hierbei um ein klassisches Problem aus dem allgemeinen Teil. Einen tieferen Einblick hinsichtlich dieser Thematik lässt sich folgendem Beitrag entnehmen: Das erfolgsqualifizierte Delikt.

5. Mindestens Fahrlässigkeit hinsichtlich der schweren Folge, § 18 StGB

a) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung

Zunächst müsste der Täter eine einschlägige Sorgfaltspflicht verletzt haben.

★ Wichtiger Hinweis

Eine sehr viel ausführlichere Darstellung dieser Voraussetzung kann man folgendem Beitrag entnehmen  Die Fahrlässigkeitsprüfung im Strafrecht.

b) Objektive Voraussehbarkeit

Dabei dürfen Kausalverläufe nicht zu sehr außerhalb der Lebenserfahrung liegen, sodass man mit ihnen nicht rechnen konnte.

★ Wichtiger Hinweis

Auch hierzu kann man auf den sehr ausführlichen Beitrag  Die Fahrlässigkeitsprüfung im Strafrecht zurückgreifen.

B. Rechtswidrigkeit

An dieser Stelle sind die allgemeinen Grundsätze zu berücksichtigen. Zudem ist unter Umständen eine mögliche Einwilligung hinsichtlich der Gesundheitsschädigung denkbar. Dabei gilt es allerdings § 228 StGB zu beachten (es darf kein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegen).

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C. Schuld

I. Schwere Folge

Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und subjektive Vorhersehbarkeit

Hierbei geht es im Wesentlichen darum, ob der Täter nach seinen individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen die Sorgfaltspflichtverletzung hätte vermeiden können und inwiefern die Tatbestandsverwirklichung für ihn vorhersehbar war.

★ Wichtiger Hinweis

Ebenso kann man eine ausführlichere Darstellung zu dieser Voraussetzung folgendem Beitrag entnehmen: Die Fahrlässigkeitsprüfung im Strafrecht.

II. Entschuldigungsgründe

Hierbei sind die allgemeinen Grundsätze zu beachten.

D. Tätige Reue, § 306 e StGB

Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern oder von Strafe absehen, wenn der Täter freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.

D. Wiederholungsfragen zur besonders schweren Brandstiftung

Frage 1: Der Tatbestand des § 306 b Abs. 1 StGB erfordert keinen spezifischen Gefahrzusammenhang. Richtig oder falsch?

Frage 2: Das hohe Strafmaß des § 306 b Abs. 1 StGB hat keine Auswirkung darauf, ab wann von einer Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen auszugehen ist. Richtig oder falsch?

Frage 3: Die „Retterschädenproblematik“ kann unter Umständen auch bei diesem Straftatbestand einschlägig sein. Richtig oder falsch?

Frage 4: Die besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 1 StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu §§ 306 und 306 a StGB dar. Richtig oder falsch ?

Frage 5: Dieser Straftatbestand erfordert keinerlei Zusammenhang zwischen Grunddelikt und Folge. Richtig oder falsch?

Frage 6: Bezüglich dieses Straftatbestandes sind keine Kenntnisse hinsichtlich einer Fahrlässigkeitsprüfung erforderlich. Richtig oder falsch?

E. Lösungen der Wiederholungsfragen

Lösung Frage 1: Falsch. Auch die besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 1 StGB verlangt einen spezifischen Gefahrzusammenhang (Unmittelbarkeitszusammenhang).

Lösung Frage 2: Falsch. Gerade das hohe Strafmaß lässt eine Diskussion dahingehend zu. Denn ab wann tatsächlich eine große Zahl von Menschen im Sinne dieser Vorschrift gegeben ist, lässt einige Begründungsmöglichkeiten zu, welche auf Grund des hohen Strafmaßes darzulegen sind. Eine schlichte Festlegung einer Zahl, ohne jeglichen Begründungsversuch, kann nicht im Sinne einer ordentlichen Klausurlösung sein. Allerdings sollte man diese Diskussion auch nicht zu sehr vertiefen!

Lösung Frage 3: Richtig. Wie auch bei § 306 a Abs. 2 StGB kann diese Problematik ebenso im Rahmen des § 306 b Abs. 1 StGB auftauchen.

Lösung Frage 4: Richtig. Die besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 1 StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu §§ 306 und 306 a StGB dar. Daher sind auch Probleme aus dem allgemeinen Teil des Strafrechts denkbar – Stichwort: Erfolgsqualifizierter Versuch

Lösung Frage 5: Falsch. Ebenso bedarf es eines Kausalzusammenhangs zwischen Grunddelikt und Folge (conditio-sine-qua-non – Formel) wie auch eines Unmittelbarkeitszusammenhangs.

Lösung Frage 6: Falsch. Denn hinsichtlich der schweren Folge wird mindestens Fahrlässigkeit verlangt – lese dazu § 18 StGB. Demnach wäre eine Wiederholung der reinen Fahrlässigkeitsprüfung sicherlich empfehlenswert, um auch bezüglich der hier benötigten Fahrlässigkeitselemente einen sicheren Eindruck hinterlassen zu können.

★ Wichtiger Hinweis

Da hinsichtlich der schweren Folge mindestens Fahrlässigkeit vorausgesetzt wird, kann dahingehend ebenso Vorsatz möglich sein.

F. Abschlussbemerkung

Einen Gesamtüberblick der Brandstiftungsdelikte liefert folgender Beitrag: Die Brandstiftungsdelikte.

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