Die Staatsstrukturprinzipien – Überblick

Dieser Beitrag beschäftigt sich überblicksartig mit den Staatsstrukturprinzipien. Er soll den Leser an die staatsorganisatorischen Elemente heran führen. Zudem offeriert dieser Text Wiederholungsfragen sowie eine abschließende Checkliste, um einen langfristigen Lernerfolg erzielen zu können.

Datum
Rechtsgebiet Öffentliches Recht
Ø Lesezeit 6 Minuten
Foto: Claudio Schwarz/unsplash.com

A. Allgemeines

Staatsstrukturprinzipien sind Folge einer verfassungsrechtlichen Grundsatzentscheidung hinsichtlich der Staatsorganisation. Sie gelten als unumstößliche Grundpfeiler unserer Verfassung (Grundgesetz). So stehen sie unter dem Schutz der Ewigkeitsgarantie aus Art. 79 Abs. 3 GG und können daher unter keinen Umständen abgeschafft werden.

★ Wichtiger Hinweis

Die Staatsstrukturprinzipien sind stets von den Staatszielbestimmungen zu unterscheiden. Denn Staatszielbestimmungen unterliegen nicht der Ewigkeitsgarantie aus Artikel 79 Abs. 3 GG. Sie sind daher gerade nicht verfassungsfest.

B. Die Staatsstrukturprinzipien im Kurzüberblick

I. Rechtsstaatsprinzip

Das Rechtsstaatsprinzip ist im Grundgesetz nicht explizit genannt. Vielmehr ergibt sich dieses Prinzip durch das Zusammentragen vieler verschiedener Vorschriften und ist hauptsächlich in Art. 20 Abs. 3 GG verankert. Zentraler Gesichtspunkt hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips soll zum einen die Schaffung und zum anderen die Begrenzung staatlicher Hoheitsgewalt sein.

Kurzüberblick Rechtsstaatsprinzip

  • Hauptsächlich verankert in Art. 20 Abs. 3 GG; jedoch begrifflich nicht explizit verschriftlicht; Rechtsstaatsprinzip ergibt sich vielmehr durch Zusammentragen mehrerer verfassungsrechtlicher Normen
  • Staat schafft allgemein verbindliches Recht; alle seine Organe und alle Bürger sind sodann an das geschaffene Recht gebunden
  • Schaffung und Begrenzung öffentlicher Hoheitsgewalt
★ Wichtiger Hinweis

Weitere Ausprägungen dieses Prinzips ergeben sich beispielsweise aus Art. 103, 20 Abs. 2 S. 2 GG (Gewaltenteilung).

Hinweis zur Gewaltenteilung: Hinsichtlich der Ausübung von Staatsgewalt sind Rechtsprechung, Gesetzgebung und vollziehende Gewalt voneinander getrennt. Die Gewaltentrennung soll vor allem der Kontrolle und Begrenzung staatlicher Machtausübung dienen. Sie dient letztlich der Sicherung freiheitlicher Werte innerhalb der Gesellschaft. Mehrheitlich wird die Gewaltenteilung dabei dem Rechtsstaatsprinzip zugeordnet. Einige andere Stimmen sehen in der Gewaltenteilung hingegen ein eigenes Staatsstrukturprinzip.

II. Demokratieprinzip

Dieses Prinzip ist in Art. 20 Abs. 1, 2 GG niedergeschrieben. Dadurch wird unmissverständlich klargemacht, dass die Begründung und Ausübung der Staatsgewalt stets unmittelbar auf das Volk zurückführbar sein muss. An dieser Stelle sollte man zwischen mittelbarer und unmittelbarer Demokratie unterscheiden können. Mittelbare Demokratie bedeutet, dass das Volk seine Staatsgewalt über regelmäßige Wahlen ausübt. Die gewählten Abgeordneten stellen dabei für eine gewisse Dauer die Vertreter des ganzen Volkes dar. Bei einer unmittelbaren Demokratie werden konkrete Sachverhalte hingegen direkt vom Volk entschieden.

In diesem Zusammenhang sollte der Begriff einer ununterbrochenen Legitimationskette bekannt sein. Hierunter versteht man letztlich, dass wirklich jedes staatliche Verhalten/Handeln restlos auf den Willen des Volkes rückführbar sein muss.

✱ Fallbeispiel

Beispiel für eine ununterbrochene Legitimationskette: Volk wählt Parlament, Parlament wählt Bundeskanzler; Ursprung dieser Kette bildet das Volk!

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Die Demokratie ist von der absoluten Monarchie abzugrenzen. Dort liegt die Gewalt bei einem Menschen.

Kurzüberblick Demokratieprinzip

  • Festgelegt in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG
  • Begründung und Ausübung der Staatsgewalt lassen sich unmittelbar auf das Volk zurückführen
  • Auch Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG benennt ausdrücklich das Demokratieprinzip
  • Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Demokratie
  • Begrifflichkeit der „ununterbrochenen Legitimationskette“ sollte bekannt sein

III. Republikprinzip

Das Republikprinzip findet man in Art. 20 Abs. 1 GG. Daraus folgt vor allem, dass das Staatsoberhaupt (Bundespräsident) wählbar und absetzbar sein muss und damit keine Stellung auf Lebenszeit inne hat.

Kurzüberblick Republikprinzip

  • Festgeschrieben in Art. 20 Abs. 1 GG; weiterhin in Art. 28 Abs.1 S. 1 GG verankert
  • Staatsoberhaupt ist nicht auf Lebenszeit berufen
  • Das Staatsoberhaupt wird auch nicht durch ein dynastisches System bestimmt
  • Staatsoberhaupt muss wählbar und absetzbar sein

IV. Sozialstaatsprinzip

Das Sozialstaatsprinzip ist in Art. 20 Abs. 1 GG normiert. Hierbei geht es hauptsächlich um die staatliche Gewährleistung von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit. Das Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 1 GG verpflichtet den Staat zur Sicherung des Existenzminimums.

Kurzüberblick Sozialstaatsprinzip

  • Normiert in Art. 20 Abs. 1 GG; weitere Ausprägung in Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG (für Länder)
  • Dadurch werden Regelungen gefordert, die auf Schutz und Förderung sozialbedürftiger Bevölkerungsteile abzielen
  • Ziel: Gewährleistung von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit
  • Staat hat dabei zwar große Gestaltungsmöglichkeiten; jedoch folgt aus dem Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 1 GG, dass der Staat stets das Existenzminimum sichern muss

V. Bundesstaatsprinzip

Dieses Prinzip ist in Art. 20 Abs. 1 GG geregelt. Hierbei gilt es zu beachten, dass mehrere Gliedstaaten den Bundesstaat (Gesamtstaat) formen. Dabei besitzen jedoch Bundesstaat und Gliedstaaten jeweils originäre Staatsgewalt. Demzufolge können sich also Bund und Länder eine eigene Verfassung geben.

Kurzüberblick Bundesstaatsprinzip

  • Geregelt in Art. 20 Abs. 1 GG
  • Gesamtstaat formt sich aus mehreren Gliedstaaten
  • Bund und Länder besitzen jeweils Staatsqualität
  • Bund und Länder üben originäre Staatsgewalt aus
  • Der Bundesstaat muss vor allem vom Einheitsstaat oder Zentralstaat abgegrenzt werden. Beispiel für Zentralstaat = Frankreich; hier gibt es nur eine originäre Staatsgewalt

C. Wiederholungsfragen

Frage 1: Staatszielbestimmungen und Staatsstrukturbestimmungen sind identisch. Richtig oder falsch ?

Frage 2: Demokratie- und Republikprinzip haben dieselbe Bedeutung. Richtig oder falsch?

Frage 3: Bund und Länder können sich jeweils eine eigene Verfassung geben. Richtig oder falsch?

Frage 4: Das Sozialstaatsprinzip findet im Grundgesetz keine ausdrückliche Erwähnung. Richtig oder falsch ?

Frage 5: Das Sozialstaatsprinzip zielt auf die Gewährleistung von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit ab. Richtig oder falsch ?

Frage 6: Zentraler Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips stellt die Schaffung und Begrenzung staatlicher Hoheitsgewalt dar. Richtig oder falsch?

D. Lösungen

Frage 1: Falsch. Staatszielbestimmungen unterliegen nicht der Ewigkeitsgarantie aus Art. 79 Abs. 3 GG und sind daher gerade nicht verfassungsfest. Anders verhält es sich mit den Staatsstrukturprinzipien, welche unter dem Schutz der Ewigkeitsgarantie aus Art. 79 Abs. 3 GG stehen und daher unter keinen Umständen abgeschafft werden können.

Frage 2: Falsch. Demokratie- und Republikprinzip haben unterschiedliche Bedeutungen. In Bezug auf das Demokratieprinzip bedeutet dies, dass die Begründung und Ausübung der Staatsgewalt stets unmittelbar auf das Volk zurückführbar sein muss. Beim Republikprinzip gilt dagegen, dass das Staatsoberhaupt nicht durch ein dynastisches System bestimmt wird und daher auch stets wählbar und absetzbar sein muss. Eine Wahl des Staatsoberhauptes auf Lebenszeit ist dem Republikprinzip absolut fremd.

Frage 3: Richtig. Bund und Länder können sich eine eigene Verfassung geben. Dabei besitzen Bundesstaat und Gliedstaaten originäre Staatsgewalt.

Frage 4: Falsch. Das Sozialstaatsprinzip findet ausdrücklich in Art. 20 Abs. 1 GG Erwähnung.

Frage 5: Richtig. Hierbei geht es hauptsächlich um die staatliche Gewährleistung von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit. Das Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 1 GG verpflichtet den Staat sogar zur Sicherung des Existenzminimums.

Frage 6: Richtig. Hauptsächlich geht es hierbei um die Schaffung und Begrenzung staatlicher Hoheitsgewalt. Der Staat schafft allgemein verbindliches Recht, welches seine Organe und auch seine Bürger bindet.

E. Jura-Individuell-Schnellcheck – Staatsstrukturprinzipien

Das Wichtigste im Überblick: Checkliste

  • Staatsstrukturprinzipien sind stets von den Staatszielbestimmungen zu unterscheiden
  • Staatsstrukturprinzipien stehen unter dem Schutz der Ewigkeitsgarantie gem. Art. 79 Abs. 3 GG
  • Staatszielbestimmungen unterliegen nicht der Ewigkeitsgarantie aus Artikel 79 Abs. 3 GG  sind nicht verfassungsfest
  • Staatsstrukturprinzipien = Rechtsstaatsprinzip, Republikprinzip, Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip, Bundesstaatsprinzip
  • Rechtsstaatsprinzip: zentraler Gesichtspunkt = Schaffung + Begrenzung staatlicher Hoheitsgewalt; Bindung staatlicher Organe und aller Bürger an das geschaffene Recht
  • Demokratieprinzip: Staatsgewalt lässt sich unmittelbar auf das Volk zurückführen; Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Demokratie; Begriff der „ununterbrochenen Legitimationskette“ sollte bekannt sein
  • Republikprinzip: Staatsoberhaupt nicht auf Lebenszeit berufen; Staatsoberhaupt nicht durch dynastisches System eingesetzt; Staatsoberhaupt muss stets wählbar und absetzbar sein
  • Sozialstaatsprinzip: Gewährleistung von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit
  • Bundesstaatsprinzip: Bund und Länder üben jeweils originäre Staatsgewalt aus; Bund und Länder sind in der Lage sich eine eigene Verfassung zu geben
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