Der Vertragsschluss

Überblick über den Vertragsschluss; Bestandteile einer Willenserklärung; Invitatio ad offerendum; Falsa demonstratio non nocet; Scheingeschäft

Datum
Rechtsgebiet BGB AT
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Ein Vertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das zwei übereinstimmende Willenserklärungen erfordert. Zwischen den Vertragsparteien muss ein Konsens bestehen. Der Vertragsschluss setzt die Annahme eines Angebots (bzw. eines Antrags, vgl. § 145 BGB) voraus. Zum notwendigen Mindestinhalt eines Vertrages, den essentialia negotii, gehören dabei die Hauptleistungspflichten des Vertrags (z.B. beim Kaufvertrag nach § 433 I S. 1 BGB der Kaufpreis und die Kaufsache).

1. Der Vertragsschluss – Angebot und Annahme

Das Angebot i.S.des § 145 BGB ist eine bindende, einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Nach § 130 I S. 1 BGB wird die Willenserklärung mit ihrem Zugang wirksam. Inhalt und Gegenstand des Angebots – letztlich also alle regelungsbedürftigen Punkte – müssen so genau bestimmbar sein, dass für einen wirksamen Vertragsschluss ein schlichtes „Ja“ genügt.

Auch die Annahme ist grundsätzlich eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine Ausnahme hiervon findet sich in § 151 S. 1 BGB. Danach braucht eine Annahme nicht erklärt zu werden, wenn dies nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist. Die Annahme ist nicht speziell gesetzlich geregelt, wird aber nach § 151 S. 1 BGB vorausgesetzt.

2. Die Willenserklärung

Die Willenserklärung ist eine Willensäußerung, die auf das Herbeiführen einer Rechtsfolge gerichtet ist. Sie hat einen objektiven und einen subjektiven Tatbestand.

a. Objektiver Tatbestand

Der Erklärende muss die Willenserklärung nach außen hin als tatsächlichen Akt kundtun. Es bedarf also einer Erklärungshandlung, etwa durch Wort, Schrift oder auch konkludent durch Tat (Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel).

b. Subjektiver innerer Wille

Der subjektive, innere Wille setzt sich aus dem Handlungswillen, dem Erklärungsbewusstsein und dem Geschäftswillen zusammen.

aa. Handlungswille

Der Handlungswille ist das Bewusstsein überhaupt handeln zu wollen. Er ist von bloßen Reflexen oder unbewusstem Verhalten sowie einem Handeln unter Zwang oder Drohung abzugrenzen.

bb. Erklärungsbewusstsein

Das Erklärungsbewusstsein ist das Bewusstsein rechtlich bzw. rechtserheblich zu handeln. Strittig ist, ob das Erklärungsbewusstsein überhaupt ein notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung ist. Nach herrschender Ansicht (Erklärungstheorie) liegt eine Willenserklärung im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB jedenfalls dann vor, wenn der Erklärende hätte erkennen können, dass sein Handeln nach der Verkehrssitte als Willenserklärung verstanden werden darf, §§ 119, 122 BGB analog. Die Mindermeinung (Willenstheorie) sieht in diesem Fall hingegen keine Willenserklärung. Sie stützt sich dabei auf eine analoge Anwendung von § 118 BGB.

cc. Geschäftswille

Der Geschäftswille ist das Bewusstsein ein konkretes Rechtsgeschäft abschließen zu wollen. Der Geschäftswille gehört nicht zu den notwendigen Bestandteilen einer Willenserklärung, da es die Anfechtungsregelungen nach §§ 119 ff BGB gibt (argumentum e contrario). Bei fehlendem Geschäftswillen besteht daher die Möglichkeit einer Anfechtung.

 3. Probleme und Klausurklassiker beim Vertragsschluss

1. Invitatio ad offerendum

Kein Vertragsangebot, sondern lediglich eine Aufforderung zur Angebotsabgabe (invitatio ad offerendum) liegt bei Schaufenster-, Katalog- oder Ausstellungswaren mit Preisbezeichnungen oder Zeitungsinseraten vor. Hier fehlt es noch am Rechtsbindungswillen des Anbieters, da dieser möglicherweise nicht mit jedem einen Vertrag schließen möchte (Bsp. fehlende Kreditwürdigkeit) oder er bei mehreren Interessenten gar nicht jeden bedienen kann. Im Selbstbedienungsladen ist daher regelmäßig das Angebot im Vorzeigen der Ware an der Kasse zu sehen oder bei einem Katalogartikel in der Bestellung.

Bei Internet Auktionen wie auf der Plattform „ebay“ stellt das „Einstellen“ einer Ware ein vorweggenommenes Vertragsangebot mit dem Höchstbietenden dar. Ansonsten sind Versteigerungen speziell gesetzlich in § 156 BGB geregelt. Zum Vertragsschluss kommt es nach § 156 S. 1 BGB erst durch den Zuschlag.

Eine weitere Unterform ist die „offerta ad incertas personas“, welche bei Automaten oder anderen sich an einen unbestimmten Personenkreis richtenden Angeboten anwendbar ist. Dabei hindert die Unbestimmtheit des Personenkreises nicht, dass ein Vertragsangebot vorliegt. Die offerta ad incertas personas ist oftmals von der invitatio ad offerendum abzugrenzen (Stichwort: Rechtsbindungswille).

2. Gefälligkeitsverhältnis und Rechtsbindungswille

Bei einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis liegt kein Rechtsbindungswille vor. Das Gefälligkeitsverhältnis muss vom Rechtsgeschäft anhand des Rechtsbindungswillens abgegrenzt werden.

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3. Falsa demonstratio non nocet beim Vertragsschluss

Da es bei einem Vertrag auf den übereinstimmenden Willen ankommt, schadet eine übereinstimmende, aber falsche Bezeichnung der Kaufsache nicht (falsa demnonstratio non nocet).

4. Scheingeschäft

Ein Scheingeschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass dem äußeren Schein nach ein Rechtsgeschäft zustande kommen soll, die Parteien aber von Anfang an die damit verbundenen Rechtsfolgen nicht eintreten lassen wollen. Bei einem Scheingeschäft liegt daher wegen fehlenden Rechtsbindungswillens keine Willenserklärung vor, § 117 S. 1 BGB.

Bei einem Schwarzkauf vor dem Notar bezwecken beide Parteien die Täuschung eines Dritten (meist wollen die Parteien durch Ansetzen eines geringeren Kaufpreises Grunderwerbssteuern, Notargebühren und Eintragungsgebühren beim Grundbuchamt sparen). Die Willenserklärungen sind dabei nichtig, da die Erklärungen nur zum Schein abgegeben werden. Das tatsächlich Gewollte wurde nicht beurkundet und ist mithin formnichtig, vgl. §§ 311 b I 1, 125 BGB. Allerdings ist eine Heilung nach § 311 b I 2 BGB möglich.

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