Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft (Abgrenzung)

Tatbestand der Mittäterschaft und mittelbaren Täterschaft; Besonderheiten der mittelbaren Täterschaft; ; Abgrenzung Anstiftung und mittelbare Täterschaft

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht AT
Ø Lesezeit 14 Minuten
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Immer wenn in strafrechtlichen Klausuren mehrere Personen beteiligt sind, muss zunächst abgegrenzt werden, ob eine Täterschaft oder eine Teilnahme in Betracht kommt. Zur Täterschaft gehören die unmittelbare Täterschaft (§ 25 I 1. Alt. StGB), die mittelbare Täterschaft (§ 25 I 2. Alt. StGB) oder die Mittäterschaft (§ 25 II StGB). Zur Teilnahme gehören die Anstiftung (§ 26 StGB) und die Beihilfe (§ 27 I StGB).

Geprüft wird die Abgrenzung bei dem Beteiligten, bei dem eine Täterschaft oder Teilnahme in Frage kommt, vorweg im objektiven Tatbestand. Bei der Prüfung der Strafbarkeit wird aber mit dem Tatnächsten begonnen.

Abgrenzungstheorien Täterschaft/Teilnahme:

a. Tatherrschaftslehre (herrschende Ansicht der Lehre)

Tatherrschaft ist das vorsätzliche in den Händen Halten des Tatgeschehens. Nach der Tatherrschaftslehre ist derjenige Täter, der die Tat als Zentralfigur des Geschehens beherrscht. Dagegen ist Teilnehmer derjenige, der nur eine Randfigur des Geschehens ist, weil sein Tatbeitrag sich darin erschöpft, den Tatentschluss hervorzurufen (Anstifter) oder Hilfe zu leisten (Beihilfe).

b. Subjektive Theorie (vorwiegend Rechtsprechung)

Nach der subjektiven Theorie (animus-Theorie) wird bei der Abgrenzung an die Willensrichtung und an die innere Einstellung der Beteiligten zur Tat angeknüpft. Täter ist danach, wer mit Täterwillen (animus auctoris) handelt und die Tat als eigene will. Teilnehmer ist, wer mit Teilnehmerwillen (animus socii) handelt und die Tat als fremde veranlassen oder fördern will.

In neuerer Zeit folgt der BGH aber überwiegend Kriterien der Tatherrschaftslehre, ohne die Orientierung am Täterwillen ausdrücklich aufzugeben nach einer „umfassenden Gesamtbetrachtung“ (Fischer § 25 Rn. 4).

 

A. Mittäterschaft, § 25 II StGB

Mittäterschaft ist eine Form der Zurechnung fremden Verhaltens.

I. Aufbau

Eine Mittäterschaft setzt nicht eine eigenhändige Begehung durch jeden Beteiligten voraus. Die Mitwirkung an einer Vorbereitungshandlung kann genügen.

Daher kommen zwei Aufbaumöglichkeiten in Betracht.

Erste Möglichkeit:

Zunächst wird mit der Prüfung des Tatnächsten begonnen (Schritt 1). Dann wird geprüft, ob die Tathandlung des Tatnächsten der anderen Person als Mittäter nach § 25 II StGB zugerechnet werden kann (Schritt 2). Diese Möglichkeit kommt also dann in Betracht, wenn bei dem Tatnächsten bereits der Straftatbestand erfüllt ist (Bsp. B mixt einen Giftcocktail, A gibt diesen dem C, der ihn trinkt und stirbt. Sowohl A als auch B wussten und wollten, dass C dadurch stirbt).

Zweite Möglichkeit:

Es können auch gemeinschaftlich handelnde Personen zusammen geprüft werden. Diese Möglichkeit kommt vor allem dann in Betracht, wenn erst durch das Zusammenwirken der Straftatbestand erfüllt wird. Erst aus der Summierung ergibt sich der Taterfolg, sog. additive Mittäterschaft (A hält mit einer Waffe den Bankangestellten in Schach, B räumt den Tresor leer).

 II. Voraussetzungen

 1. Objektiver Tatbestand

 a. Tatbestandlicher Erfolg

Alle objektiven Tatbestandsmerkmale des gesetzlichen Tatbestandes müssen vorliegen.

b. Tathandlung

Der Mittäter muss einen Mindestbeitrag bei der Tat leisten, es ist erforderlich, dass ein konkreter Tatbeitrag durch Tun oder garantenpflichtwidriges Unterlassen festgestellt wird. Nicht erforderlich ist eine Mitwirkung am Kerngeschehen, es reichen auch Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen aus, wenn das Minus im Ausführungsstadium durch ein gewichtige Plus im Vorbereitungsstadium ausgeglichen wird.

 c. Tatplan

Der Mittäter muss aufgrund eines gemeinsamen Tatplans handeln (subjektives Element im objektiven Tatbestand). Fremde Handlungen müssen dabei nicht bis in alle Einzelheiten bekannt sein, eine ausdrückliche Planung ist nicht erforderlich, sondern kann auch konkludent durch Arbeitsteilung erfolgen. Eine bloße nachträgliche Billigung genügt aber nicht.

Sukzessive Mittäterschaft – wenn sich eine Person einer zunächst fremden Tat nach deren Beginn, aber vor ihrer Beendigung als Mittäter, in Kenntnis und Billigung des Geschehens anschließt. Nach herrschender Ansicht ist die sukzessive Mittäterschaft von Versuchsbeginn bis Beendigung der Tat möglich, da bis zur Beendigung der Tat der Beitrag einen weiteren Unrechtsgehalt schaffen kann. Voraussetzung ist aber, dass der hinzutretende Mittäter einen für die Tatbestandsverwirklichung ursächlichen Beitrag leistet.

 d. Mittäterschaftliche Zurechnung

 aa. Tatherrschaftslehre

Die Tatherrschaftslehre (Literaturmeinung) stellt auf eine funktionelle Tatherrschaft ab. Für eine Mittäterschaft muss der Mittäter danach das Geschehen mit in den Händen halten und arbeitsteilig mitwirken. Das Mitwirken kann sowohl in der Ausführung, als auch in der Planung bzw. Organisation stattfinden.

bb. Subjektive Theorie

Nach der subjektiven Theorie (Rechtsprechung) ist ein Täterwillen erforderlich, der Täter muss die Tat als eigene wollen (animus auctoris), zusätzlich muss sein Tatbeitrag die Tat fördern. Kriterien, um einen Täterwillen festzustellen, erfolgen anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung und können sein: der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung.

 e. Kausalität und objektive Zurechnung

Der Tatbeitrag muss  für den Erfolg kausal sein und dem Mittäter objektiv zurechenbar.

 2. Subjektiver Tatbestand

a.  Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale

Wenn der subjektiven Theorie gefolgt wird, ist eine Prüfung des Vorsatzes bezüglich des Tatplanes nicht mehr erforderlich. Ansonsten muss das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung bejaht werden. Jeder Mittäter muss mit Vorsatz in Bezug auf das gesamte Tatgeschehen handeln.

b. Gemeinsamer Tatentschluss

Tatentschluss bedeutet das bewusste und gewollte  Zusammenwirken. Dieser wird gemeinsam vor Beginn der Tat gefasst.

Exkurs: Mittäterschaftsexzess – bei einem Mittäterschaftsexzess handelt einer über den gemeinsamen Tatplan hinaus vorsätzlich und verursacht einen weiteren Taterfolg. Grundsätzlich werden in Schwere und Gefährlichkeit gleichwertige Geschehensabläufe dem Willen der Mittäter zugerechnet, eine Grenze ist aber da zu ziehen, wo der Ablauf vom gemeinsamen Tatplan nicht vorhersehbar war und eine wesentliche Abweichung (Einzelfallbetrachtung!) darstellt.

 3. Rechtswidrigkeit und Schuld

Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe müssen bei jedem Mittäter einzeln geprüft werden.

 III. Abgrenzung zur Beihilfe nach § 27 StGB

Regelmäßig muss in Klausuren die Mittäterschaft zur Beihilfe abgegrenzt werden. Hier kann bei den Abgrenzungsmerkmalen nach oben verwiesen werden. Zusammenfassend aber:

Ein Mittäter will die Tat als eine eigene, Mittäter wollen bewusst und gewollt mit einem anderen aufgrund gemeinsamen Tatentschlusses und nach einem gemeinsamen Tatplan zusammenwirken. Bei der Beihilfe muss der Täter die Tat als eine fremde wollen und lediglich „Hilfe leisten“, also die Haupttat ermöglichen oder erleichtern.

B. Mittelbare Täterschaft, § 25 I 2. Alt. StGB

An mittelbare Täterschaft muss immer gedacht werden, wenn ein Hintermann sich eines „menschlichen Werkzeugs“ bedient und dabei die Tatherrschaft innehat. Ein mittelbarer Täter begeht die Tat durch einen anderen, er verwirklicht die Tatbestandsmerkmale nicht oder nicht ganz selbst, sondern bedient sich zusätzlich einer anderen Person, kraft überlegenen Wissens oder kraft überlegenen Wollens. Er ist der Hintermann, die Tat ist sein „Werk“.

Die handelnde Person hat in der Regel ein Strafbarkeitsdefizit, es sind aber auch Fälle anerkannt, in denen auch der Vordermann voll strafbar ist.

Achtung: bei eigenhändigen Delikten ist die mittelbare Täterschaft ausgeschlossen! Ein eigenhändiges Delikt bezeichnet eine Straftat, die nur von einem Täter, der die Tathandlung selbst (eigenhändig) ausführt, begangen werden kann, beispielsweise § 316 und § 323a StGB.

 I. Aufbau

Bei der mittelbaren Täterschaft muss zunächst der handelnde Tatnächste (Tatmittler) geprüft werden, bei diesem wird gar nicht auf die mittelbare Täterschaft eingegangen. Der Tatmittler (Vordermann) muss bei der mittelbaren Täterschaft in der Regel einen Defekt oder ein Defizit haben, ein Weniger an Wissen oder Wollen.

Die Prüfung kann dann in zwei Richtungen verlaufen:

Entweder scheitert die Strafbarkeit des Vordermanns, weil es diesem am Vorsatz mangelt, er gerechtfertigt ist, ohne Schuld handelt oder entschuldigt ist (Wissensdefizit).

Oder der Vordermann ist voll strafbar und es liegt ein Fall der Organisationsherrschaft mit unterlegenem Willen des Vordermanns vor (Willensdefizit) (sehr selten!)

In beiden Fällen ist dann die Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter zu prüfen.

 1.  Objektiver  Tatbestand (Schema)

(a. Ggf. besondere objektive Merkmale beim Hintermann, z. B. Amtsträgereigenschaft).

a.  Der tatbestandsmäßige Erfolg  muss durch einen anderen eingetreten sein.

b.  Beitrag des mittelbaren Täters nach § 25 I Alt. 2 StGB

c. Zurechnung der  Handlung des Tatmittlers  als Handlung des mittelbaren Täters.

aa. Täterqualität

(Abgrenzung zur Anstiftung und zur Mittäterschaft)

bb. Zurechnung des Strafbarkeitsmangels des Vordermanns wegen Überlegenheit des Hintermanns.

1) Vordermann straflos

a) Objektiv tatbestandslos – „Defekt“ beim objektiven Tatbestand des Vordermanns

Der Tatmittler erfüllt bei einer Selbstverletzung oder einer Selbstschädigung objektiv keinen Tatbestand (Werkzeug gegen sich selbst). Der mittelbare Täter muss die Tat veranlassen oder fördern und dabei den Tatmittler so steuern (oder auch täuschen), dass dieser die Tat gegen sich selbst richtet. Der Hintermann nutzt Mängel des Tatmittlers aus und benutzt diesen als Spielball wie im bekannten „Sirius-Fall“, bei welchem der Täter dem Opfer (Tatmittler) weismacht, dass es sich selbst in der Badewanne mit einem Föhn töten soll, um wie der Täter ein Bewohner des Planeten Sirius zu werden.

b) Ohne Tatbestandsvorsatz – „Defekt“ beim subjektiven Tatbestand des Vordermanns

Das Opfer wird vom Hintermann  kraft überlegenen Wissens gesteuert (Irrtumsherrschaft), weil es Tatumstände nicht oder nicht richtig kennt (§ 16 StGB).  Der Arzt bittet die ahnungslose Krankenschwester eine tödliche Giftspritze zu setzen – Strafbarkeit des Arztes §§ 212, 25 I Alt. 2 StGB, Krankenschwester handelt hier als unvorsätzlich handelndes Werkzeug.

Bei manchen Delikten wird im subjektiven Tatbestand die „Absicht“ vorausgesetzt. A bittet B, ihm den Schirm des O zu holen und verspricht, ihn später zurückzugeben. In Wirklichkeit will A den Schirm behalten. (B fehlt die Zueignungsabsicht gem. § 242 StGB – A benutzt den B als „absichtslos doloses Werkzeug“).

c) Rechtmäßig handelnder Vordermann – „Defekt“ auf der Rechtswidrigkeitsebene

Vordermann handelt rechtmäßig, der Hintermann benutzt den Tatmittler aufgrund seines überlegenen Wissens und steuert ihn. Bsp.: der Hintermann bewirkt die Festnahme eines Unschuldigen durch den Vordermann. Ein weiterer Fall ist gegeben, wenn  der Hintermann absichtlich eine Notwehrlage herbeiführt und sich der Vordermann, wie vom Hintermann gewollt, gegen einen Unschuldigen „verteidigt“.

d) Schuldunfähiger oder schuldloser Vordermann – „Defekt“ auf der Schuldebene

Ohne Schuld handelt derjenige, der sich nach § 17 StGB in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befindet oder wer nach §§ 19, 20 StGB schuldunfähig ist.

Darunter fällt, wenn der mittelbare Täter einen sog. Nötigungsnotstand herbeiführt. Der Hintermann zwingt  den Vordermann eine Straftat auszuführen – mit Nötigungsdruck. Er droht ihm, ihn ansonsten zu töten. Nach § 35 StGB ist der Vordermann dann entschuldigt.

Ein „Defekt“ auf der Schuldebene besteht zudem, wenn der Hintermann schuldunfähige „Werkzeuge“ wie Kinder oder Geisteskranke als Tatmittler benutzt.

2) Täter hinter dem Täter – Vordermann ohne Defekt

Grundsätzlich ist bei einem ohne Defekt handelnden Vordermann der Hintermann nicht mittelbarer Täter. Jedoch wurden (enge) Ausnahmen entwickelt (Klausurtipp: bei Annahme von mittelbarer Täterschaft diese gut begründen):

Früher gab es die mittelbare Täterschaft ausschließlich in Fällen, in denen der Vordermann straflos war. Mittlerweile gibt es jedoch auch anerkannte Fallgruppen, in denen der Tatmittler auch strafbar sein kann. In diesen Fällen spricht man vom „Täter hinter dem Täter“.

a)  Willensherrschaft bei organisierten Machtapparaten

Der Grundsatz, dass ein Hintermann nicht mittelbarer Täter ist, wenn der unmittelbar Handelnde volldeliktisch handelt, gilt nach der entwickelten Figur (nach Roxin) der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft nicht, wenn der Hintermann innerhalb „rechtsgelöster“ staatlicher Organisation aufgrund von Weisungsverhältnissen und Befehlshierarchien die bestehende Bereitschaft eines unmittelbar Handelnden ausnutzt und den Taterfolg als Ergebnis eigenen Handelns will (Fischer § 25 Rn 11). Voraussetzung ist:

  • dass der mittelbare Täter im Rahmen eines organisierten Machtapparats die Befehlsgewalt hat und
  • dass der individuelle Ausführer der Tat (Tatmittler) bei einem Ausfall beliebig ersetzbar ist.

Diese Form mittelbarer Täterschaft galt zunächst nur innerhalb staatlicher Machtapparate, wurde dann aber auf kriminelle und betriebliche Organisationen mit regelmäßigen Abläufen erweitert und auf Konzerne ausgedehnt (so der BGH,  andere Ansicht: Literatur).

b) Wissensherrschaft bei der Irrtumsherbeiführung

Die mittelbare Täterschaft wird auch auf folgende Konstellationen angewendet:

aa) Herbeiführung eines unbeachtlichen (manipulierten) error in persona

Bsp: A sagt zu B, von dem er weiß, dass er C erschießen möchte: dein Erzfeind C kommt gleich durch die Tür. In Wirklichkeit kommt jedoch D durch die Tür, der von A geschickt wurde. B erschießt D.

Im Beispiel wurde D von A gezielt vor die Flinte geschickt, A hat die Tötung des B gesteuert.

B handelt zwar vorsätzlich, wird dabei jedoch von A beherrscht.

bb) Herbeiführung eines Irrtums über Privilegierungsmerkmale

Bsp: Mutter M hat Krebs und liegt im Krankenhaus. Der Sohn S  sieht, wie M leidet. Der Arzt A sagt zu S: „Deine Mutter hat gesagt, sie leidet und möchte sterben.“ S geht davon aus, dass M ein ausdrückliches und ernstliches Tötungsverlangen geäußert hat und erstickt sie im Schlaf mit dem Kissen.

Diese Fallgruppe liegt immer vor, wenn jemand über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 216 StGB getäuscht wird und deshalb davon ausgeht, nur eine Tötung auf Verlangen statt eines Totschlages oder eines Mordes zu begehen.

cc) Herbeiführung eines graduellen Tatbestandsirrtums

Bsp: A sagt zu B: „Schau mal diese hässliche, billige Vase an. Wirf die doch runter.“ Dabei weiß A genau, dass es sich in Wirklichkeit um eine uralte und sehr wertvolle Vase aus der Ming-Dynastie handelt.

B zerstört daraufhin die Vase.

B hat sowohl objektiv als auch subjektiv den Tatbestand der Sachbeschädigung verwirklicht. A erkennt jedoch daneben auch die Tragweite der Sachbeschädigung. Für eine Bestrafung als mittelbarer Täter kommt es auf den Grad der Rechtsgutsbeeinträchtigung an. Dazu darf die durch den Hintermann herbeigeführte Fehlvorstellung des Vordermanns nicht unwesentlich sein.

dd) Herbeiführung eines vermeidbaren Rechts- oder Verbotsirrtums (Katzenkönigfall, BGHSt 35, 347)

Bsp: die Hinterfrau A hat der Vorderfrau B weisgemacht, dass der „Katzenkönig“ ein Menschenopfer der O als göttlichen Auftrag fordert, sonst würde er die Menschheit auslöschen. B könne, indem sie die O töte, die Tötung vieler Menschenleben verhindern. B versucht daraufhin O zu erstechen.

B befand sich nach § 17 Satz 2 StGB in einem vermeidbaren Verbotsirrtum, handelt aber (noch) schuldhaft. Der BGH hat mit folgenden Kriterien beim Katzenkönigfall eine mittelbare Täterschaft vertreten:

Die mittelbare Täterschaft hängt danach im Einzelfall von der „Art- und Tragweite des Irrtums“ und der „Intensität der Einwirkung des Hintermanns“ ab. A hat den Irrtum bei der B hervorgerufen und diese bewusst gesteuert.

 

2. Subjektiver Tatbestand

a. Vorsatz bzgl.  Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale durch den Tatmittler

b. Vorsatz bzgl. der eigenen Tatherrschaft und dem Defekt bzw. der Werkzeugeigenschaft des Tatmittlers

c. Ggf. besondere subjektive Merkmale

3. Rechtswidrigkeit

Keine Besonderheiten

 4. Schuld

Keine Besonderheiten

 

II. Probleme rund um die mittelbare Täterschaft

1. Error in persona des Vordermanns

Es ist umstritten, wie ein error in persona beim Vordermann sich auf den Vorsatz des Hintermanns auswirkt. Nach einer Ansicht ist ein error in persona des Vordermanns auch für den Hintermann ein error in persona, da es ihm nicht zum Vorteil gereichen kann, dass er den Vordermann dazwischen schiebt. Nach der Individualisierungslehre ist ein error in persona beim Vordermann unbeachtlich, wenn das Opfer schon ausreichend individualisiert ist.

Nach herrschender Ansicht ist ein error in persona beim Vordermann ein aberratio ictus des Hintermanns, da es keinen Unterschied machen kann, ob eine mechanische Waffe fehlgeht oder ob ein menschliches Werkzeug, dessen sich der Täter bedient.

 2. Versuchsbeginn der mittelbaren Täterschaft

Problematisch ist bei der mittelbaren Täterschaft das unmittelbare Ansetzen, also wann der mittelbare Täter zur Tat ansetzt und damit sein Versuchsstadium beginnt.

Unproblematisch beginnt das Stadium des Versuchs in jedem Fall, wenn der Vordermann zur Vornahme der Tatbestandshandlung unmittelbar ansetzt.

Zu dem unmittelbaren Ansetzten des Hintermanns gibt es diverse Theorien (Gesamtlösung, Einwirkungstheorie, Gefährdungstheorie).

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Die herrschende Ansicht stellt auf den Zeitpunkt ab, in dem der mittelbare Täter mit seiner Einwirkung auf den Tatmittler das Geschehen aus der Hand gibt und nach seiner Vorstellung das betroffene Rechtsgut unmittelbar gefährdet ist, weil es ohne weitere wesentliche Zwischenschritte und ohne längere Unterbrechung  zur Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung durch den Tatmittler kommen soll.

3. Abgrenzung zur Anstiftung

Regelmäßig muss in Klausuren die mittelbare Täterschaft zur Anstiftung abgegrenzt werden. Hier kann bei den Abgrenzungsmerkmalen nach oben verwiesen werden. Zusammenfassend aber:

Abgestellt werden muss hier in erster Linie darauf, dass der Täter als mittelbarer Täter die Tat als eigene will; er muss kraft überlegenen Wissens die planvoll lenkende Schlüsselfigur des Geschehens sein.

Der Tatbeitrag des Anstifters erschöpft sich demgegenüber im Hervorrufen des Tatentschlusses. Der Anstifter ist eine Randfigur des Geschehens, der die Tat als eine fremde will.

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