Der anwaltliche Schriftsatz – Klage (Bayern)

Klageerhebung, Schriftsatz, Mandantenschreiben, Anwaltsklausur, Beweislage, Klägervertreter, Hilfsgutachten, Bayern, Schema, allgemeine Hinweise, Aufbau uvm

Datum
Rechtsgebiet Rechtsreferendariat
Ø Lesezeit 7 Minuten
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In der Zivilrechtsstation wird zum ersten Mal von den Referendaren ein anwaltlicher Schriftsatz verlangt. Um den Einstieg zu erleichtern, wird im Folgenden das Schema des anwaltlichen Schriftsatzes des Klägervertreters (Klageschrift) dargestellt und kurz erläutert. Zusätzlich wird das jeweilige Mandantenschreiben (falls im Bearbeitervermerk danach gefragt wird) dem Schriftsatz hinzugefügt. Der Artikel zeigt zunächst den Aufbau einer Klageschrift (Gliederungspunkt A.-C.).  Nicht kursiv dargestellte Wörter und Sätze können dabei in der Klausur so übernommen werden. Unter Punkt D. sind allgemeine Hinweise und Fehlerquellen zu finden.

Rein klausurtechnisch ist es erforderlich, ein Gutachten (sämtliche materielle und prozessuale Probleme) zu erstellen, auf dem der Schriftsatz aufgebaut wird. Erst dann kann die Klausur in den Schriftsatz, das Mandantenschreiben und evtl. in ein Hilfsgutachten unterteilt werden.

A. Schriftsatz an das Gericht – Klageschrift

(In Bayern stellt der Schriftsatz an das Gericht, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, den Schwerpunkt der Klausur dar. Die rechtlichen Erwägungen sind hier im Schriftsatz mit aufzunehmen. Siehe Punkt II. in der Begründung.)

 Im Briefkopf soll enthalten sein:

  • Datum
  • Name des Klägervertreters/der Klägervertreter
  • Rechtsanwalt/Rechtsanwälte
  • Adresse

Dann folgt die Gerichtsadresse:

  • An das Amtsgericht/Landgericht XX
  • Zivilabteilung/Zivilkammer

 Klage

In Sachen

  • Name und Adresse der Klägerin/des Klägers
  • -Kläger-
  • Prozessbevollmächtigter:
  • Name und Adresse

gegen

  • Name und Adresse Beklagter
  • -Beklagter-

wegen  z.B. Forderung (In der Praxis genügt das, in der Klausur sollte genauer bezeichnet werden, z.B. wegen „Kaufpreisforderung“).

Streitwert: z.B. 1000,- Euro (nach § 253 III Nr. 2 ZPO soll die Klage den Streitwert angeben, wenn hiervon die Zuständigkeit der Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, relevant ist der Wert der Hauptsache ohne Nebenforderungen wie Zinsen ( § 4 ZPO)).

 

Namens und im Auftrag des Klägers unter Vollmachtssvorlage erhebe ich/erheben wir hiermit Klage zum Amtsgericht/Landgericht XX mit dem Antrag:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1000,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem … zu bezahlen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen beantrage ich den Erlass eines Versäumnisurteils  gegen den Beklagten (§ 331 Abs. 3 ZPO)

Begründung:

I. In tatsächlicher Hinsicht trage ich vor:

Vorgetragener Lebenssachverhalt mit Beweisangeboten

Hierbei chronologisch vorgehen und Überflüssiges weglassen, aber Sachverhalt vollständig zu allen anspruchsbegründenden Voraussetzungen vortragen.

Zeitform: Imperfekt

 Folgende Beweismittel kommen in Betracht:

  • Augenschein (§ 371 ff. ZPO)

„Beweis: Augenschein oder Inaugenscheinnahme“

  • Zeugen (§ 373 ff. ZPO)

„Beweis: XY wohnhaft in XX als Zeuge/Zeugin oder N.N. als Zeuge/Zeugin “ (Identität ist bekannt, Namen aber noch nicht benannt)

  • Sachverständigengutachten (§ 402 ff. ZPO)

„Beweis: Sachverständigengutachten oder gerichtliches Gutachten“

  • Urkunden (§ 415 ff. ZPO)

„Beweis: Auftragsbestätigung, Kaufvertrag, Mietvertrag“

  • Parteivernehmung (§ 445 ff. ZPO)

„Beweis: Parteivernehmung des Beklagten“

  • Amtliche Auskunft

 II. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

1. Zulässigkeit – Nur  soweit  diese problematisch

 2. Begründetheit

Rechtsfragen im Urteilsstil, dabei ist das Interesse des Mandanten zu beachten

Zeitform: Präsens

Die Klagebegründung sollte mit einem Hinweis auf den gezahlten Gerichtskostenvorschuss abgeschlossen werden (siehe § 12 I 1 GKG).

III. Unterschrift – Am Ende muss unbedingt das Wort Unterschrift stehen, trotz der gesetzlichen Sollbestimmung (siehe §§ 253 IV, 129, 1330 Nr. 6 ZPO), ansonsten ist es ein bloßer Entwurf.

B. Mandantenschreiben

Im Briefkopf soll enthalten sein:

  • Datum
  • Name des Klägervertreters/der Klägervertreter
  • Rechtsanwalt/Rechtsanwälte
  • Adresse

Dann folgt die Anschrift des Mandanten:

  • Herr/Frau
  • Name
  • Adresse

 Rechtsstreit gegen XXX

Anlage: Klageschrift

Sehr geehrte/r Frau/Herr XX,

Einleitungssatz und Dank für die Übertragung des Mandats, z. B. :

Für die Erteilung des Mandats in dieser Sache darf ich mich bei Ihnen herzlich bedanken.

Beiliegend habe ich Ihnen eine Kopie der von mir verfassten Klageschrift hinzugefügt.

1. prozessuale Anmerkungen

z. B.: Wer wird verklagt (nur ein Klagegegner oder kommen mehrere in Betracht, Streitgenossenschaft), Wo wird verklagt (erklären, warum bei einer Wahlmöglichkeit des Gerichtstandes, das genaue Gericht gewählt wurde – für den Mandanten günstigstes Gericht).

Bsp. Einleitungssatz: Zur prozessualen Situation darf ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Zeitform: Wenn ein Vorgehen des Gerichts/Gegners dem Mandanten erläutert wird Perfekt, ansonsten bei Ratschlägen und (auch verpassten) Möglichkeiten des Mandanten ist Konjunktiv in Vergangenheitsform („…hätten Sie anzeigen müssen…“) oder Zukunftsform („…rate ich Ihnen…zu tun…“) zu wählen.

2. Beweislage

z. B.: vollständige Zeugenanschrift erfragen,  

 3. materiellrechtliche Anmerkungen

z. B.: Gutachterkosten, Schadenshöhe

4. Sonstiges:

z. B. wenn eine Streitverkündung vorliegt, sollte diese dem Mandanten näher erläutert werden, denn dieser ist ein juristischer Laie und versteht oftmals den Sinn und Zweck des anwaltlichen Vorgehens nicht

C. gegebenenfalls Hilfsgutachten

Soweit im Bearbeitervermerk auf die Möglichkeit eines Hilfsgutachtens verwiesen wird, können rechtliche Erwägungen, die über den Schriftsatz hinausgehen, im Hilfsgutachten erörtert werden. Dies sind oftmals Aspekte im Sachverhalt, auf die es weder im Schriftsatz, noch im Mandantenschreiben ankommt.

Das Hilfsgutachten wird üblicherweise in 1) materielle Rechtslage und 2) prozessuale Fragen unterteilt.

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D. Allgemeine Hinweise zur Klausur und Fehlerquellen

1. Allgemeine Hinweise

1). Gliederung

In der Klausur sollte als erstes der Bearbeitervermerk gelesen werden, um sofort die genaue Aufgabenstellung zu kennen. Dann ist der Sachverhalt gründlich zu lesen. Es empfieht sich gründlich zu gliedern und vorab ein Gutachten zu erstellen, um zu erkennen was in die Schriftsätze, in das Mandantenschreiben oder gegebenenfalls in das Hilfsgutachten muss. Denn meist ist der Sachverhalt ungeordnet und enthält Überflüssiges. Die Gliederung hilft zu erkennen, was an welcher Stelle oder überhaupt tatsächlich relevant ist.

2). Reinschrift

Bei der Reinschrift ist zu beachten:

a. Für den Korrektor spielt auch auch der äußere Eindruck der Klausur und vor allem der Aufbau eine wichtige Rolle. Es ist darauf zu achten, dass die maßgeblichen Vorschriften möglichst genau zitiert werden.

b. Bei den Anträgen ist auf Vollständigkeit zu achten. Diese müssen vollständig und vollstreckbar sein. Hierbei sind auch die Zinsen nicht zu vergessen oder der Antrag auf ein Versäumnisurteil.

c. Wie auch im Urteil ist im Schriftsatz zwischen Tatsachenvortrag und rechtlicher Würdigung zu trennen (zweigeteilter Schriftsatz). Nur der Sachvortrag enthält die Beweisangebote, die Rechtsausführungen sind immer ohne Beweise. Die Beweismittel müssen direkt nach der zu beweisenden Tatsache genannt werden.

Es darf nur das vorgetragen werden, was dem Mandanten auch wirklich Erfolg verspricht und sein Interesse stützt (was für den Mandanten nicht vorteilhaft ist, findet seinen Platz im Mandantenschreiben oder im Hilfsgutachten). Dabei sollten aber möglichst viele Argumente gebracht werden. Es geht dabei darum, das Gericht zu überzeugen.

aa. Im Schriftsatz darf die Sachverhaltsdarstellung nicht lückenhaft ausfallen. Der Mandant ist als „Kläger“ und nicht als „Mandant“ zu bezeichnen. Die Sachverhaltsdarstellung sollte im Imperfekt formuliert werden.

bb. In der rechtlichen Würdigung ist mit einer Anspruchsgrundlage zu beginnen. Die Anpruchsgrundlage muss dann sauber abgearbeitet werden, z. B. sind Einreden sauber zu prüfen oder das „vertreten müssen“, Fristsetzung als Voraussetzung des Rücktritts/der Nacherfüllung, eine verschuldensunabhängige Haftung etc. Wenn mehr Anspruchsgrundlagen greifen, sind alle darzustellen. Stets ist dabei der Rechtsprechung des BGH zu folgen. Verspricht diese keinen Erfolg, ist davon abzusehen.

d. Im Mandantenschreiben sind Fragen des Mandanten umfassend zu beantworten. Gerne werden im Klausursachverhalt vom Ersteller Fragen des Mandanten aufgeworfen, die abwegig oder rechtlich unbeachtlich sind und daher nicht in den Schriftsatz gehören. Auf diese Fragen wird dann im Mandantenschreiben eingegangen. Der Sachverhalt muss dem Mandanten nicht mitgeteilt werden.

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 2. Häufige Fehler

  • Es wird zu wenig mit dem Gesetz gearbeitet.
  • In den Rechtsausführungen statt nur im Sachvortrag wird mit Beweisangeboten gearbeitet.
  • Tatsachenvortrag und Rechtsausführungen werden vermischt.
  • Der Zinsanspruch wird zu oberflächlich behandelt. Der Antrag muss auch Angaben zur Zinshöhe enthalten (vgl. §§ 246, 288 BGB, 354 HGB).
  • Praxisfernes Arbeiten.
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